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Tierversuchsfreie Methode untersucht Medikamente in der Schwangerschaft

Ein internationales Forschungsteam hat eine Methode entwickelt, um die Sicherheit und Wirksamkeit von Medikamenten in der Schwangerschaft präziser zu analysieren – und das ganz ohne Tierversuche. Die innovative Kombination aus drei auf menschlichen Zellen basierenden Organmodellen und einem digitalen Abbild des Menschen ermöglicht es erstmals, die Aufnahme von Medikamenten, ihre Verstoffwechselung und den Übergang von Arzneimitteln über die Plazenta von der Mutter zum Kind realitätsnah zu simulieren.

Schwangere Frauen werden aus ethischen Gründen meist von klinischen Studien ausgeschlossen. Daher ist die Wirkung vieler Medikamente auf werdende Mütter und ihre ungeborenen Kinder nur unzureichend erforscht. Tierversuche können die komplexen physiologischen Bedingungen einer menschlichen Schwangerschaft nicht nachbilden. Hier sind humanbasierte Methoden erforderlich, deren Ergebnisse auf den Menschen übertragbar sind.

Eine nun in der Fachzeitschrift Frontiers in Pharmacology veröffentlichte Studie schließt diese Lücke. Die Methode kombiniert Darm-, Leber- und Plazenta-Modelle in Form sogenannter Organchips, die über feine Kanäle miteinander verbunden sind. Diese Kanäle simulieren Blutgefäße, durch die der zu testende Wirkstoff zirkuliert. So wird seine Aufnahme im Darm, seine Verstoffwechselung in der Leber und schließlich sein Transfer – sowie der seiner Stoffwechselprodukte – durch die Plazenta untersucht. Die gewonnenen Daten werden mithilfe eines digitalen Zwillings, eines computergestützten Modells des menschlichen Körpers, in realistische Voraussagen für den Menschen übersetzt.

An der Entwicklung dieses Modells waren neben den Firmen Dynamic42 und ESQlabs sowie dem Placenta Lab des Universitätsklinikums Jena auch die Firma Bayer beteiligt. In einer Testreihe mit Prednison, einem häufig verschriebenen Entzündungshemmer, zeigte das Modell eine hohe Übereinstimmung mit bekannten klinischen Daten und konnte auch eine mehrmonatige Prednisoneinnahme zuverlässig simulieren.

Die Kombination von Organchips mit digitalen Zwillingen bietet eine revolutionäre Möglichkeit, die Medikamentensicherheit frühzeitig zu bewerten. Pharmaunternehmen können potenzielle Risiken bereits in der Entwicklungsphase identifizieren und so bessere und sicherere Medikamente für schwangere Frauen entwickeln. Diese neue Technologie trägt zu einem dringend benötigten Paradigmenwechsel in der Medikamentenforschung bei – hin zu einer schnelleren, sichereren und ethisch vertretbaren Medikamentenbewertung.

Quelle

Graf K. et al. Digital twin-enhanced three-organ microphysiological system for studying drug pharmacokinetics in pregnant women, Frontiers in Pharmacology 2025; 16: 1528748 >>