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Droht nun der Ausstieg aus dem Ausstieg?

Zur Sicherheitstestung von Chemikalien wie Pestiziden werden noch immer Tierversuche durchgeführt, auch wenn sich die Ergebnisse dieser Versuche kaum auf den Menschen übertragen lassen. Im Jahr 2019 wurde die US-Umweltbehörde EPA mit einem konkreten Plan zum Ausstieg aus solchen Versuchen an Säugetieren zum internationalen Pionier auf dem Weg zu einer tierversuchsfreien Forschung. Nun rudert die EPA zurück und kippt das für 2035 geplante Verbot. Der bundesweite Verein Ärzte gegen Tierversuche ist besorgt, dass dieser Schritt zu einer Verzögerung der Entwicklung hin zu einer konsequent tierfreien Forschung und Entwicklung führen könnte. Gleichzeitig ist sich der Verein sicher, dass sich der Paradigmenwechsel nicht aufhalten lässt. Führende Industrieunternehmen arbeiten bereits heute darauf hin.

Im Jahr 2019 legte die US-Umweltbehörde EPA eine Richtlinie vor, nach der Giftigkeitstests an Säugetieren bis 2035 durch verlässlichere tierfreie Methoden ersetzt werden sollten. Begründet wurde dieser Schritt mit der Einsicht, dass solche tierfreien Verfahren nicht nur schneller und günstiger seien, sondern zu einer mindestens gleichwertigen oder sogar besseren Vorhersage der Giftigkeit führen würden (1). Um diesen dringend notwendigen Umstieg vom Tierversuch hin zu besser geeigneten tierfreien Verfahren zu beschleunigen, wurde für das Jahr 2025 eine Verringerung der Finanzierung von Tierversuchen um 30 % geplant. Ab 2035 sollten solche Versuche vollständig gestrichen werden. Mit diesem konkreten Ausstiegsplan wurde die USA zu einem der Pioniere und setzte ein wichtiges Signal.

Nach einem kürzlich in Science veröffentlichten Bericht ist diese konkrete Ausstiegsstrategie nun Geschichte (2). Beide Deadlines wurden gestrichen, sowohl die für 2025 geplante Umverteilung der Fördermittel als auch das Verbot der Giftigkeitstests an Säugetieren für 2035. Auch wenn die EPA laut dem Bericht weiterhin die Entwicklung tierfreier Testverfahren vorantreiben will und eine vollständige Abschaffung der Tierversuche anstrebt, befürchtet Andrew Wheeler – der als ehemaliger Vorsitzender der EPA maßgeblich an dem Ausstiegsplan der US-Behörde beteiligt war –, dass sich ohne konkrete Stichtage nichts verändern wird.

„Wir sind entsetzt über diese Entwicklung und befürchten, dass dies den unvermeidbaren Ausstieg aus dem Tierversuch unnötig herauszögern wird“, sagt Dr. Johanna Walter, wissenschaftliche Referentin bei Ärzte gegen Tierversuche. „Auch wenn wir es bedauern, dass die EPA mit diesem Rückzieher ein Signal sendet, welches die internationale Tierversuchslobby erfreuen dürfte, sind wir davon überzeugt, dass der Ausstieg aus dem Tierversuch dennoch gelingen wird. Triebfeder dafür wird nun nicht mehr eine Behörde sein, sondern die Industrie, welche dringend auf günstigere und vor allem aussagekräftigere Methoden als Tierversuche angewiesen ist“, so Walter weiter.

Bereits 2019 warfen Kritiker Wheeler vor, den Ausstiegsplan vor allem im Sinne der chemischen Industrie entwickelt zu haben, welche Tierversuche als zu zeit- und kostenintensiv ansieht (2). Und tatsächlich wünscht sich die Industrie, auf die enorm teure und vor allem wenig aussagekräftige Methode Tierversuch endlich verzichten zu können. Dies machen die Entwicklungen in der Pharmazeutische Industrie deutlich, welche die Verwendung von human-relevanten Methoden bei der Entwicklung neuer Medikamente maßgeblich vorantreibt. So rechnet Belén Garijo, CEO von Merck, damit, dass die Entwicklung neuer Medikamente bereits in wenigen Jahren ohne Tierversuche erfolgen wird (3) und der Pharmakonzern Roche hat ein eigenes Institut gegründet, in welchem er tierversuchsfreie Methoden entwickelt (4).

„Diese Firmen richten ihre Forschung nicht aus Tierliebe in Richtung tierfreier Verfahren aus, sondern aus ökonomischen Gründen. Tierversuchsfreie Methoden sind kostengünstiger, schneller, zuverlässiger und vor allem aussagekräftiger als Tierversuche. Diese Erkenntnis wird sich weiter durchsetzen und sich durch das Entfernen zweiter Stichtage aus den Plänen der EPA nicht aufhalten lassen“, ist sich Walter sicher.