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Bearbeitet am: 28. Oktober 2021

Im Folgenden haben wir einige Versuchsbeschreibungen aus dem Bereich der Affenhirnforschung am Institut für Hirnforschung, Zentrum für Kognitionswissenschaften, Universität Bremen, um den Experimentator Andreas Kreiter aufgeführtDie Auswahl der Beispiele aus den Jahren 1999, 2009, 2019 und 2020 belegt: diese Versuche finden bereits seit mehr als 20 Jahren auf immer gleiche Weise statt.

Diese und weitere Versuche sind auch in unserer Tierversuchsdatenbank unter der jeweiligen Dokumenten-ID dokumentiert.

Beispiel aus 2020

Worum geht es: Wie verarbeitet das Gehirn Aufmerksamkeit auf eine relevante Information, während Irrelevantes ignoriert wird?

Versuchsbeschreibung: Die Rhesusaffen ungenannter Herkunft mit der Bezeichnung „B“ und „F“ werden unter Narkose operiert. Auf dem Schädel wird ein Bolzen implantiert und eine Elektrodenkammer wird über einem Bohrloch im Schädelknochen befestigt. Die Tiere werden „trainiert“, mit an dem Bolzen festgeschraubtem Kopf in einem Primatenstuhl zu sitzen und eine bestimmte Aufgabe zu erfüllen. Diese besteht darin, einen Hebel zu drücken und einen Punkt auf dem Bildschirm anzustarren. An anderer Stelle auf dem Monitor erscheinen zwei Muster, die ihre Form verändern. Sobald das eine Muster die ursprüngliche Form wieder annimmt, muss der Affe den Hebel loslassen. Während der ganzen Zeit darf der Affe die Augen nicht von dem Punkt wegbewegen. Die Augenbewegungen werden mit einem Video-Tracking-System verfolgt. Wendet der Affe den Blick ab, wird der Versuch abgebrochen und beginnt von Neuem. Macht der Affe, was der Forscher von ihm verlangt, erhält er eine „Belohnung“. Details hierzu werden in dieser Arbeit nicht erwähnt. Üblicherweise ist unter „Belohnung“ eine sehr kleine Flüssigkeitsmenge zu verstehen. Damit die Affen mitmachen, werden sie üblicherweise über einen gewissen Zeitraum durstig gehalten. Während der Affe die Aufgaben erledigt, werden 1-3 Mikroelektroden über die Elektrodenkammer in das Hirngewebe eingeführt, wo sie Nervenströme messen. Das weitere Schicksal der Tiere ist nicht beschrieben.

Originalpublikation: Lisitsyn D et al. Visual stimulus content in V4 is conveyed by gamma-rhythmic information packages. The Journal of Neuroscience 2020; 40(50):9650-9662

Beispiel 1 aus 2019

Worum geht es? Es soll eine verbesserte Aufzeichnung von Nervensignalen im Gehirn erzielt werden, die für Gehirn-Computerinterfaces und Neuroprothesen relevant ist. Diese Methode wurde bereits Anfang der 1990er Jahre entwickelt.

Versuchsbeschreibung: 5 männlichen Rhesusaffen werden unter Narkose Schrauben in den Schädelknochen, eine Vorrichtung als Kopfhalter sowie eine Elektrodenkammer implantiert. Diese werden mit Knochenzement und Zahnzement fixiert. Die Elektrodenkammer wird über ein Bohrloch im Schädelknochen über einer bestimmten Hirnregion montiert, von der aus 6 bzw. 4 Elektroden in das Gehirngewebe eingeführt werden, die Signale aufnehmen können.

Für die Experimente werden die Affen in einem sogenannten Primatenstuhl fixiert, in dem ihr Kopf mit Hilfe des Haltebolzens über die gesamte Zeit eines Versuchs bewegungsunfähig gehalten wird. Zunächst werden die Affen „trainiert“. Die Trainingsmethode wird nicht näher beschrieben, aber üblicherweise wird Durst eingesetzt. Als „Belohnung“ für ein wunschgemäßes Verhalten, erhalten die Tiere etwas Flüssigkeit. Die Aufgabe besteht darin, mit den Augen einen Punkt auf einem Monitor anzustarren und einen Schalter zu drücken. Dann erscheint an variablen Stellen des Bildschirms ein sich bewegender Balken. Der Affe darf den Blick nicht von dem Punkt wegbewegen. Verschwindet der Balken, muss das Tier den Schalter loslassen. Zeigt der Affen die gewünschte Reaktion, erhält er eine kleine Menge Wasser oder verdünnten Traubensaft. Lässt er den Hebel zu früh oder zu spät los oder wendet er den Blick ab, gibt es nichts zu trinken. Da diese Flüssigkeitsverabreichung eine Belohnung darstellt, kann – obwohl nicht erwähnt - davon ausgegangen werden, dass die Affen unter starkem Flüssigkeitsentzug leiden, da nur unter Durstgefühl eine kleine Menge Flüssigkeit eine Belohnung darstellt.

Die dabei auftretenden Nervenströme im Gehirn werden von den sich im Gehirn befindlichen Elektroden aufgezeichnet.

Die Affen werden weiterhin mit diesen Vorrichtungen im Gehirn für andere Versuche eingesetzt, welche das gleiche Hirnareal im Fokus haben. Dabei verbleiben die Elektroden über Tage, Wochen oder auch Monate (keine genauere Definition) im Gehirngewebe. Was danach mit den Affen passiert, wird nicht beschrieben.

Originalpublikation: Drebitz E et al. Optimizing the yield of multi-unit activity by including the entire spiking activity. Frontiers in Neuroscience 2019; 13:83

Dokumenten-ID: 5022 

Beispiel 2 aus 2019

Worum geht es? Es soll herausgefunden werden, ob Nervensignale, die über die harte Hirnhaut aufgenommen werden, ähnlich gute Aussagekraft gegenüber denen haben, die von Elektroden unter der Hirnhaut gemessen werden.

Versuchsbeschreibung: Es werden 3 männliche Rhesusaffen im Alter von 13, 11 und 11 Jahren ungenannter Herkunft verwendet. Betont wird, dass die Affen an die Laborprozesse gewöhnt sind und bereits bei vielen anderen Projekten eingesetzt wurden.

Unter Narkose wird eine aus Acrylzement geformte Kappe mit Schrauben auf dem Schädel der Affen verankert. Die Kappe dient als Halter für einen Stecker und einen Kopfhalter. Nach der Operation werden die Affen „trainiert“ bestimmte Verhaltensweisen auszuführen. Es wird nicht erwähnt, aber üblicherweise werden die Affen für die Experimente in einem sogenannten Primatenstuhl fixiert, in dem ihr Kopf mit Hilfe des Haltebolzens über die gesamte Zeit eines Versuchs bewegungsunfähig gehalten wird.

Die Affen müssen mit den Augen einen Punkt auf einem Monitor anstarren und einen Schalter drücken. Dann erscheint an variablen Stellen des Bildschirms ein sich bewegender Balken. Der Affe darf den Blick nicht von dem Punkt wegbewegen. Verschwindet der Balken, muss das Tier den Schalter loslassen. In einem weiteren Versuch muss der Affe einen Punkt fixieren, während auf dem Bildschirm bunte Buchstaben erscheinen. Verdunkelt sich der Punkt, muss der Affe den Schalter loslassen. Die Augenbewegungen werden mit einem Video-Okulargerät aufgezeichnet, einer Art großen Brille, die die Bewegungen des Auges verfolgt.

Erwähnt wird, dass die Affen bei Ausführung der gewünschten Verhaltens Wasser oder verdünnten Fruchtsaft erhalten. Nicht erwähnt wird, dass üblicherweise die Affen über einen gewissen Zeitraum vor den Experimenten nichts zu trinken erhalten, damit sie genügend durstig sind, um die Aufgaben nach Willen der Forscher zu erfüllen.

Haben die Tiere die Aufgabe gelernt, erfolgt in einer zweiten Operation eine Schädelöffnung am Hinterkopf mit einem Ultraschallschneider. Es wird ein Stück Schädelknochen herausgeschnitten und ein Elektroden-Array (Platte mit mehreren Elektroden) wird auf die harte Hirnhaut aufgebracht, ohne sie zu durchdringen. Ein Kabel führt von den Elektroden durch ein gebohrtes Loch durch die Schädeldecke zu der Kappe. Das Schädelknochenstück wird wieder eingesetzt und mit einer Titanplatte, Knochenzement und Knochenschrauben fixiert. Ein Rahmen wird zudem in der Schädeldecke verankert, welcher als Halterung für eine Schutzhülle für den Stecker dient. Zudem werden an der Stirnseite Gegenelektroden in nicht näher beschriebener Weise implantiert.

Der eine Affe kann sich 2, der andere 5 und der dritte Affe 18 Wochen erholen, bevor sie für die Experimente eingesetzt werden. Die Affen müssen die antrainierten Verhaltensweisen ausführen, während über die auf der harten Hirnhaut liegenden Elektroden Nervenströme gemessen werden. Die Daten werden in verschiedenen Sitzungen über einen Zeitraum von bis zu mehreren Wochen gesammelt. Was danach mit den Affen passiert, ist nicht beschrieben.

Originalpublikation: Fischer B et al. Visual epidural field potentials possess high functional specificity in single trials. bioRxiv; 2019; 122(4):1634-1648

Dokumenten-ID: 5038 

Beispiel aus 2009

Worum geht‘s: Verarbeitung von visuellen Sinnesreizen im Gehirn.

Versuchsbeschreibung: In dieser Arbeit werden Ergebnisse aus einer 2005 veröffentlichten Studie* ausgewertet.

Die beiden Rhesusaffen erhalten unter Narkose einen Kopfhalter auf dem Schädel implantiert sowie eine Elektrodenkammer, die über einem Bohrloch im Schädelknochen angebracht wird. Den Affen werden bestimmte Verhaltensweisen „antrainiert“. In einem Primatenstuhl sitzend wird der Kopf eines Affen mit dem implantierten Kopfhalter unbeweglich an einem Gestell angeschraubt. Der Affe muss einen Punkt auf einem Bildschirm mit den Augen fixieren. Eine Session beginnt, wenn der Affe einen Hebel drückt. Es erscheinen zwei Muster rechts und links von dem Punkt. Eines der Muster verschwindet und wird durch andere Muster ersetzt, Irgendwann erscheint das erste Muster wieder. In dem Moment muss der Affe den Hebel loslassen. Macht er es richtig, bekommt er einen Tropfen Fruchtsaft über einen Schlauch in den Mund. Bewegt der Affe den Blick von dem Punkt weg oder lässt er den Hebel zu früh oder zu spät los, wird die Session abgebrochen und er bekommt nichts zu Trinken.

Es wird in dieser Arbeit nicht erwähnt, aber üblicherweise erhalten die Affen außerhalb der Experimente nichts zu trinken, so dass die durstigen Tiere ihre Flüssigkeitsration „erarbeiten“ müssen.

Während der Affe die Aufgaben erledigt, wird durch die Kammer und das Loch im Schädel eine Elektrodenreihe in einen bestimmten Bereich der Sehrinde eingeführt, wo die elektrischen Nervenaktivitäten gemessen werden. Das weitere Schicksal der Affen wird nicht erwähnt.

* Taylor K, Madon S, Freiwald WA, Kreiter AK: Coherent oscillatory activity in monkey area V4 predicts successful allocation of attention. Cerebral Cortex 2005: 15, 1424-1437

Originalpublikation: Rotermund D et al. Attention improves object representation in visual cortical field potentials. The Journal of Neuroscience 2009; 29(32):10120-10130 

Dokumenten-ID: 4059

Beispiel aus 1999

Worum geht‘s: Untersuchung der für das Sehen zuständigen Nervenstrukturen im Gehirn

Versuchsbeschreibung: Mit Schrauben und Zahnzement werden den beiden Rhesusaffen unter Narkose ein Kopfhalter und ein Zylinder mit 2 cm Durchmesser auf dem Schädel befestigt. Innerhalb des Zylinders wird ein 2 mm dickes Loch durch das Schädeldach gebohrt, durch das später 2-4 Elektroden in das Gehirn gesteckt werden. Die Tiere erhalten nach der Operation 5 Tage lang Antibiotika.

Den Affen wird nun das Ausführen einer bestimmten Aufgabe antrainiert. Dazu wird der Kopf eines Tieres mit Hilfe des Halters fixiert, so dass das Tier den Kopf nicht mehr bewegen kann. Die Aufgabe besteht darin einen Lichtpunkt auf einem Bildschirm mit den Augen innerhalb von 3 Sekunden seines Auftauchens zu fixieren. Gleichzeitig muss der Affe einen Hebel drücken. Das Tier muss den Punkt 5-7 Sekunden lang anschauen bis er langsam erlischt. In dem Moment muss das Tier den Hebel loslassen. Als Belohnung gibt es einen Tropfen Saft oder Wasser. Die Augenbewegungen werden mit einem Infrarot-Gerät registriert. Wenn der Affe die Augen bewegt, den Hebel zu früh loslässt oder sonst etwas falsch macht, erhält er keinen Flüssigkeitstropfen.

Für die eigentlichen Versuche werden die Tests mit im Gehirn implantierten Elektroden durchgeführt. Während der Affe die Aufgabe ausführt, werden über die Elektroden Gehirnströme gemessen. Mindestens eines der Tiere wird am Ende der Experimente getötet, um die korrekte Position der Elektroden gewebekundlich zu untersuchen. Das Schicksal des anderen Affen wird nicht beschrieben. 

Originalpublikation: Freiwald WA et al. Testing non-linearity and directedness of interactions between neural groups in the macaque inferotemporal cortex. Journal of Neuroscience Methods 1999; 94:105-119 

Dokumenten-ID: 1369 

 

Weitere Infos

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