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Netzhautorganoide belegen Einfluss von COVID-19 auf das menschliche Auge

23. September 2022

COVID-19 kann sich auf diverse Organe des menschlichen Körpers auswirken. Die COVID-19-auslösenden SARS-CoV-2-Viren infizieren körpereigene Zellen über den sogenannten ACE-2-Rezeptor, den sie als Eintrittspforte nutzen. Organe, die diesen Rezeptor enthalten, werden also mit hoher Wahrscheinlichkeit durch eine Corona-Erkrankung geschädigt. Deswegen fokussiert sich die Forschung besonders stark auf genau diese Organe und die viralen Infektionsmechanismen, die dort stattfinden. Menschliche Mini-Organe, die im Labor aus Stammzellen gezüchtet werden, sogenannte Organoide, stellen für genau diese Forschungen ein sehr wertvolles Modell dar. Humane Organoide konservieren im Labor genau die Eigenschaften, die das jeweilige Organ auch im Körper besitzt. So kann die Corona-Infektion im Reagenzglas realitätsgetreu simuliert und untersucht werden. Tierversuche sind nicht geeignet, da Tiere nicht an Corona erkranken und den ACE2-Rezeptor anders ausbilden als Menschen.

Es häuften sich in jüngster Zeit Hinweise darauf, dass SARS-CoV-2-Viren auch die Netzhaut infizieren können. Die menschlichen Netzhautzellen besitzen ebenfalls den ACE-2-Rezeptor, über den die Viren eindringen können. Forscher vom Max-Planck-Institut für molekulare Biomedizin in Münster haben nun menschliche Netzhautorganoide gezüchtet, in denen sie die Infektionsverläufe näher untersucht haben. Sie konnten in ihren Studien nachweisen, dass SARS-CoV-2 in die Netzhautzellen eindringen und sich dort auch vermehren und dass verschiedene Zelltypen der Netzhaut infiziert werden. Weiterhin konnte gezeigt werden, dass die Infektion diverse Entzündungsgene in den Zellen aktiviert, u.a. ein Gen, das mit Netzhautdegeneration in Verbindung steht. Die Befunde konnten zusätzlich bestätigt werden, indem die Zugabe eines ACE-2-Rezeptor-Blockers die Infektion der Organoide deutlich reduzierte. All diese komplexen Mechanismen können in einem In-vitro-Modell wie den Organoiden, schnell und zuverlässig untersucht werden – ein weiterer Vorteil gegenüber Tierversuchen, in denen das so nicht möglich wäre.

Die Ergebnisse, die die Netzhautorganoid Studien liefern, sind von hoher medizinischer Bedeutung, da sie klar zeigen, dass COVID-19 die Netzhaut betreffen kann und es wichtig ist, mögliche Netzhautschäden als potenzielle Folgeerscheinungen von „Long COVID“ zu überwachen.

Dr. rer. nat. Tamara Zietek

Quelle

Yotam Menuchin-Lasowski et al. Stem Cell Reports 2022; 17:789-803