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„Schluss mit Tierversuchen – weil Forschung es kann“

Im Dezember 2020 haben wir Berlins U-Bahn-Stationen mit unserer Botschaft plakatiert. 


Dieses Plakat hängt in den ersten beiden Dezemberwochen in 35 Berliner U-Bahnstationen

Wehrlosen Mäusen wird eine Schlundsonde – ein Metallrohr (s. Bild) – in den Magen geschoben. Oft jeden Tag, wochenlang, sogar jahrelang. Dabei ist schon das Hochheben im Nackenfell mit ungeheurem Stress für die kleinen Tiere verbunden, wie man auf dem Foto sofort erkennen kann.

Versuche, bei denen Substanzen per Schlundsonde eingegeben werden, sind in der tierexperimentellen Forschung gang und gäbe. Beim Test auf krebsauslösende Eigenschaften etwa, einem Standardtest zur Testung von Chemikalien und Medikamenten, werden Mäuse oder Ratten dieser Tortur ihr Leben lang ausgesetzt – Nackengriff, Schlundsonde jeden Tag, zwei Jahre lang. Das Metallrohr kann in der Lunge landen – die Maus erstickt dann qualvoll – oder den Magen durchstoßen, eine schmerzhafte Bauchfellentzündung ist die Folge. Dazu kommt die oft giftige Wirkung der Testsubstanz. 

Tierversuche sind grausam und müssen allein schon deswegen verboten werden!

Zudem sind sie auch wissenschaftlich unsinnig, da sich ihre Ergebnisse nicht auf den Menschen übertragen lassen. Beim Test auf krebsauslösende Eigenschaften könnte man eher eine Münze werfen, denn die Vorhersagekraft von Maus und Ratte auf den Menschen beträgt nur 43% (1). Wussten Sie, dass letztendlich nur etwa 5% der Wirkstoffe, die im Tierversuch für sicher und wirksam befunden wurden, in den Apotheken landen? Das heißt 95% scheitern (2). Und ein Drittel der zugelassenen neuen Medikamente wird später mit Warnhinweisen versehen oder gleich ganz vom Markt genommen, weil sich weitere, im Tierversuch und der darauffolgenden klinischen Erprobung nicht bemerkte schwere Nebenwirkungen beim Menschen herausstellen. Selbst Menschen reagieren also äußerst unterschiedlich, deshalb ist es absurd, Tiere als „Modelle“ für uns heranzuziehen. Und wer weiß, wie viele möglicherweise segensreiche Arzneimittel aussortiert werden, weil sie im Tierversuch zu Schäden führen, für den Menschen aber nützlich gewesen wären. Aspirin, Ibuprofen und Paracetamol hätten es nach dem heutigen Prüfsystem nicht auf den Markt geschafft, weil sie bei Tieren schwerwiegende Nebenwirkungen hervorrufen. Der Mensch ist nun mal keine 75 kg-Maus!

Tierversuche müssen abgeschafft werden, weil sie ein falsches System sind, das im 21. Jahrhundert keinen Platz haben darf. 

… weil Forschung es kann, dank moderner, tierversuchsfreier Methoden!

Multi-Organ-Chip
Multi-Organ-Chip (MOC)

In den vergangenen 10 Jahren hat die humanbasierte In-vitro-Forschung eine spektakuläre, fast schon explosionsartige Entwicklung hingelegt – und das trotz katastrophaler finanzieller Unterstützung. Forschern ist es gelungen, sogenannte Organoide im Labor zu züchten. Dabei handelt es sich um dreidimensionale humane Zellkulturen, die Erscheinungsbild und Funktion eines menschlichen Organs lebensecht widerspiegeln. Haut- oder Haarwurzelzellen eines Spenders werden in Vorläuferzellen umprogrammiert, aus denen dann praktisch jedes beliebige Organ im Miniformat gezüchtet werden kann. Verbindet man mehrere solcher Miniorgane mit einem simulierten Blut- und Urinkreislauf, entsteht ein Multi-Organ-Chip, mit dem Medikamente entwickelt und Chemikalien wie in einem menschlichen Stoffwechsel geprüft werden können.

Tierversuchsfreie Forschung liefert im Gegensatz zum Tierversuch sinnvolle, für den Menschen relevante Ergebnisse. 

Ja, Forschung kann es, allerdings müssen diese innovativen Systeme auch adäquat gefördert werden. Derzeit wird die tierversuchsfreie Forschung staatlicherseits mit weit unter 1% des Etats der biomedizinischen Forschung finanziert, während 99% in Tierversuche fließen (3).

Ausstieg aus dem Tierversuch. JETZT!

Aktion zum Ausstieg aus dem Tierversuch
Gemeinsam mit 15 Tierschutzvereinen: Aktion am Welttierschutztag 2020 vor dem Bundestag

Schlagende Mini-Herzen, filtrierende Mini-Nieren, 3-dimensioanle Lungenmodelle für die Corona-Forschung, sogar Mini-Gehirne für die Alzheimer-Forschung wurden bereits trotz dieser chronischen Unterfinanzierung entwickelt. Was wäre erst möglich, wenn genügend Geld in diese innovative Forschung fließen würde? Wir fordern eine Umschichtung der Fördergelder als Teil eines umfassenden Ausstiegsplans. 

Die Niederlande haben bereits 2016 ein Strategiepapier vorgelegt, wie ein Ausstieg gelingen kann. Unser Nachbarland war das erste, das erkannt hat, dass der Tierversuch nicht länger als „Goldstandard“ betrachtet werden kann, da er falsche Ergebnisse liefert. Erste Schritte in Richtung eines Forschungswandels gibt es auch in den USA, wo bis 2035 zumindest der Bereich der gesetzlich vorgeschriebenen Tests tierversuchsfrei werden soll. Und Deutschland hinkt hinterher!

Ein Bündnis aus 15 Tierschutzorganisationen unter der Federführung von Ärzte gegen Tierversuche e.V. und dem Bundesverband Menschen für Tierrechte e.V. fordert deshalb in einer aktuellen Kampagne von der Bundesregierung ein konkretes Konzept zum Ausstieg aus dem Tierversuch. 

Die Zeit ist mehr als reif! Gerade in Zeiten von Corona brauchen wir zuverlässige, humanrelevante Forschungssysteme und nicht Methoden aus dem vorletzten Jahrhundert!

Plakataktion gegen Tierversuche in Berlin
Dipl. Biol. Christian Ott , Leiter der AG Berlin von Ärzte gegen Tierversuche und Dr. med. vet. Corina Gericke, stellvertretende Vorsitzende vor dem Plakat am U-Bahnhof Gleisdreieck.

Plakataktion gegen Tierversuche in Berlin
Das Plakat hängt in 35 U-Bahnstationen in Berlin.

Video

 

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Quellen

  1. Olson, H et al.: Concordance of the Toxicity of Pharmaceuticals in Humans and in Animals. Regulatory Toxicology and Pharmacology 2000: 32; 56–67. 20000122
  2. Arrowsmith, J: A decade of change. Nature Reviews Drug Discovery 2012: 11; 17-18 
  3. Förderung von Tierversuchen und tierversuchsfreier Forschung, Ärzte gegen Tierversuche, 8.9.2020 >>