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500 Affen zu Tode gequält

Pressemitteilung
21.09.2003

Bei der Firma Covance in Münster wurden 500 Affen zum Teil auf besonders qualvolle Weise getötet. Die Ärzte gegen Tierversuche e.V. und die tierbefreier e.V. stellten jetzt Strafanzeige. Die Verantwortlichen der Firma haben sich nach Ansicht der Ärztevereinigung der Tiermisshandlung und der Tiertötung schuldig gemacht und damit gegen das Tierschutzgesetz verstoßen.

Die Umstände der Affentötung wurden erst durch die Aussage eines ehemaligen Tierpflegergehilfen aufgedeckt. Dieser hatte fünf Jahre lang im Tierversuchslabor Covance gearbeitet und berichtete jetzt über die Zustände dort. Die insgesamt etwa 1.500 Primaten, meist Javaneraffen und andere Makaken, werden größtenteils einzeln in kleinen Metallkäfigen von 80x80 cm Größe gehalten. Für etwa 500 Tiere bestand nach Aussage des Zeugen im Jahr 2000 keine Verwendung, so dass sie aus Kostengründen beseitigt werden sollten. Als Tötungsgrund wurde ein Verdacht auf Tuberkulose vorgeschoben, berichtet der Tierpflegergehilfe. Bei einem Teil der Affen erfolgte die Tötung durch Injektion eines zugelassenen Mittels. Als dieses aufgebraucht war, wurde auf andere im Labor vorhandene Wirkstoffe zurückgriffen. So wurden Affen mit Formalin getötet, einer Substanz, die für eine Tötung von Tieren völlig ungeeignet ist. Die Tiere starben unter erheblichen Schmerzen und Leiden erst nach einem lang andauernden Todeskampf.

„Auch wenn der schreckliche Tod der Tiere schon länger her und nicht mehr rückgängig zu machen ist - die Verantwortlichen müssen zur Rechenschaft gezogen werden“, fordert Dr. med. vet. Corina Gericke von den Ärzte gegen Tierversuche. „Wenn Tiere in Tierversuchen leiden und sterben ist das immer schrecklich, nicht nur aus ethischen Gründen, sondern auch, weil Tierversuche eine ungeeignete und unwissenschaftliche Forschungsmethode sind. Wenn aber uns besonders nahestehende Tiere wie Primaten auf so grausame Weise umgebracht werden, ist das ein Skandal.“

Über die Firma Covance 

Die Firma Covance in Münster ist ein Auftragslabor. Auftraggeber sind Chemie- und Pharmafirmen wie z.B. Pfizer, Merck, Hoffmann La Roche.

Bei Covance werden rund 1.500 Affen, hauptsächlich Javaner-, Rhesus- und Pinselohraffen gehalten (Quelle: Westfälische Nachrichten 21.2.02)

Zoologische Stichworte: Javaneraffen und Rhesusaffen gehören zur Gattung der Makaken (Macaca) aus der Familie der Meerkatzen. Sie kommen in Südostasien vor. Pinselohraffen gehören zur Gattung der Marmosetten (Callithrix) aus der Familie der Krallenaffen. Es sind kleine, in Südamerika beheimatete Äffchen mit büschelartigen Haaren an den Ohren.

Die Tiere werden in 80x80 cm kleinen Metallgitterkäfigen über mehrere Monate gehalten (Quelle: Münstersche Zeitung 21.2.02).

Die Javaner- und Rhesusaffen werden in China, Vietnam und auf Mauritius für die Versuche gezüchtet (Quelle: Münstersche Zeitung 21.2.02). Die Pinselohräffchen stammen aus dem Strassburger Primatenzentrum.

Jedes Jahr werden rund 1.000 Affen im Rahmen von Tierversuchen bei Covance getötet (Quelle: Münstersche Zeitung 21.2.02). Damit »verbraucht« Covance fast die Hälfte aller in Deutschland zu Versuchszwecken verwendeten Affen. Im Jahr 2001 wurden in Deutschland 2.115 Affen in Versuchen getötet (Quelle: Bundesministerium für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft).

Es werden Arzneimittel, Chemikalien und Pflanzenschutzmittel getestet. Hauptsächlich werden toxikologische Experimente durchgeführt, mit Schwerpunkt Reproduktionstoxikologie, d.h. die Testsubstanzen werden trächtigen Affen verabreicht, um missbildende oder erbgutschädigende Einflüsse feststellen.

Zwei Beispiele für bei Covance selbst (damals noch unter dem Hazleton) bzw. unter Mitarbeit des Covance-Leiters durchgeführte Versuche:

Gruppen von mehreren trächtigen Javaneraffen erhalten während der Trächtigkeit oral ein Hautmedikament (Retinoid = synthetische Vitamin-A-Säure). Die Feten werden durch Kaiserschnitt herausgeholt und auf Missbildungen untersucht. Einige von ihnen weisen Missbildungen des Kleinhirns, des Innenohrs und des Gesichtsschädels auf. Die missbildenden Eigenschaften des Medikaments sind beim Menschen längst bekannt! Affen sind offensichtlich bezüglich der missbildenden Eigenschaften von Retinoiden weniger empfindlich als der Mensch, ebenfalls eine Tatsache, die längst bekannt ist. Die Autoren kommen zu dem Schluss, dass die Ergebnisse einem früher durchgeführten Experiment ähnlich sind. (Quelle: Korte R, Hummler H, Hendrickx AG: Importance of early exposure to 13-cis retinoic acid to induce teratogenicity in the cynomolgus monkey. Teratology 47 (1), 1993, 37-45)

Aus früheren Experimenten wurde festgestellt, dass nicht trächtige Javaneraffen ein bestimmtes Antibiotikum in einer Dosis von 120 mg/kg/Tag vertragen können, ohne dass sich Nebenwirkungen zeigen. In dieser Arbeit werden zwei Tierversuche beschrieben: In dem ersten Experiment wird einer nicht genannte Anzahl trächtiger Javaneraffen 30 Tage lang das Antibiotikum in einer sehr hohen Dosis (160mg/kg/Tag) injiziert. Es kommt bei den Tieren zu schwerwiegenden Symptomen: Durchfall, Erbrechen, Gewichtsverlust, Fehlgeburten, Tod. Überlende Feten zeigen Missbildungen. In einem zweiten Experiment wird das Medikament 30 trächtigen Affen in einer niedrigeren Dosis (100mg/kg/Tag) über einen Zeitraum von einer Stunde langsam infundiert, so wie es auch bei der Behandlung menschlicher Patienten vorgesehen ist. 15 weitere Tiere dienen als Kontrolle und werden nicht behandelt. Bei einigen Affen kommt es zu Erbrechen, Würgen und Fehlgeburten. (Quelle: Cukierski MA, Wise LD, Korte R, MacDonald JS, Robertson RT, Hendrickx AG: Developmental toxicity studies of imipenem/cilastatin sodium in monkeys. Teratology 41(5), 1990, 546-7)

Covence beschäftigt 180 Mitarbeiter und erwirtschaftet einen Jahresumsatz von 18 Millionen Euro (Quelle: Münstersche Zeitung 21.2.02).

Der Straftatbestand

Ein ehemaliger Tierpfleger der Firma Covance berichtet, wie Anfang 2000 rund 500 Javaneraffen innerhalb von einer Woche getötet worden sind. Es handelte sich um „Kontrolltiere“, die im Rahmen der Versuche nicht getötet worden waren, sondern für weitere Studien verwendet werden sollten. Zu dem Zeitpunkt gab es keine neuen Aufträge, so dass die 500 Tiere übrig waren und deswegen entsorgt werden sollten. Ein Teil der Affen wurde mit einem zugelassenen Tötungsmittel getötet. Als dieses aufgebraucht war, griff man auf Formalin zurück, eine Substanz, die zur Konservierung z.B. von Leichen verwendet wird, und zur Tötung von Tieren völlig ungeeignet ist. Die Tiere mussten erheblich leiden und Schmerzen empfinden. Ein Tuberkuloseverdacht im Bestand wurde als Vorwand für die Tötung vorgeschoben. Eine eidesstattliche Erklärung des Zeugen liegt vor.

Es liegen somit zwei Straftatbestände nach §17 Tierschutzgesetz vor:

  1. Tötung aus »nicht vernünftigem Grund«. Die Tiere wurden nicht im Rahmen eines Tierversuchs getötet, sondern, weil sie »übrig« waren. Damit liegt kein „vernünftiger Grund“ vor, wie er im Tierschutzgesetz für die Tötung von Tieren verlangt wird.
  2. Zufügen von länger anhaltenden, erheblichen Leiden und Schmerzen durch Tötung mit einem dafür nicht geeigneten Mittel (Formalin).

Diese Straftatbestände können mit Geldstrafe oder Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren geahndet werden.  

Undercover-Recherche bei Covance dokumentiert Tiermisshandlungen

Wenige Monate nach der Strafanzeige durch Ärzte gegen Tierversuche macht die Firma Covance erneut Schlagzeilen. Einem Journalisten war es im Auftrag der britischen Organisation BUAV (jetzt Cruelty Free International) gelungen, als Tierpflegerhelfer getarnt, mehrere Monate die Zustände in dem Labor filmisch festzuhalten. Die Dokumentaraufnahmen wurden im Dezember 2003 in der ZDF-Sendung „Frontal 21“ vor einem Millionenpublikum ausgestrahlt. Die Reaktionen der Bevölkerung über die unglaubliche Grausamkeit mit der die Affen bei Covance behandelt wurden, waren von Entsetzen und Ablehnung geprägt. Die Aussage des Tierpflegers, auf die sich die Strafanzeige der Ärzte gegen Tierversuche stützte, schien durch die neuen Beweise bestätigt zu werden. Doch was dann folgte war eine Farce, ein Skandal, der in der bundesdeutschen Geschichte sicher seinesgleichen sucht. Justiz und Behörden (bis auf wenige Ausnahmen) und sogar die Medien beugten sich vor den wirtschaftlichen Interessen des Tierlabors, die Grundfesten unserer Demokratie, nämlich das Recht auf Meinungs- und Pressefreiheit, wurden ausgehebelt, Tierrechtler wurden kriminalisiert und mundtot gemacht, eine juristische Fehlentscheidung folgte der anderen. Und bei Covance bleib alles beim alten, durften die Affen - jetzt mit amtlicher Erlaubnis - weiter gequält werden.
Im Zuge der Covance-freundlichen Gerichtsentscheidungen wurde auch die Strafanzeige der Ärzte gegen Tierversuche am 11. März 2004 von der Staatsanwaltschaft Münster eingestellt. Begründung: Es seien nicht 500, sondern nur 180 Affen getötet worden, außerdem sei dies im November 1999 und nicht Anfang 2000 passiert. Ein „vernünftiger Grund“ für die Tötung habe in Form eines Tuberkuloseverdachts vorgelegen.

Ärzte gegen Tierversuche legte Beschwerde ein, da es neue Erkenntnisse gab, nach denen bei der Tötungsaktion zwei Affen als »Lieblingstiere« von Mitarbeiterinnen aufgespart worden waren. Bei einem tatsächlichen Tuberkuloseverdacht hätten alle Tiere getötet werden müssen. Die Staatsanwaltschaft schenkte auch diesmal den Ausführungen von Covance Glauben und lehnte die Beschwerde am 07.05.04 ab. Angeblich gehörten die beiden in Frage stehenden Affen nicht dem Kreis der TBC-verdächtigen Tiere an. Darüber hinaus verweigerte die Staatsanwaltschaft Münster dem Anwalt der Ärzte gegen Tierversuche unter Hinweis auf angebliche „überfallartige Aktionen von Tierschützern vor Privatwohnungen einzelner Mitarbeiter der Fa. Covance“ Akteneinsicht. In den Medien nannte die Staatsanwaltschaft Münster die Strafanzeige der Ärzte gegen Tierversuche gar „eine Kampagne teilweise militanter Tierschützer“. Ein derart parteiliches Verhalten einer Staatsanwaltschaft ist nicht hinnehmbar. 

 

Pressemitteilung 
26. Februar 2004

Covance-Affen dürfen weiter gequält werden

Ärztevereinigung wirft Staatsanwaltschaft Parteilichkeit vor

Die bundesweit arbeitende Vereinigung Ärzte gegen Tierversuche ist bestürzt über die Einstellung der Strafanzeigen gegen die Firma Covance. „Den Interessen des finanzstarken Industrieunternehmens wurde gegenüber dem Tierschutz Vorrang eingeräumt oder anders ausgedrückt, die Affen dürfen mit staatlicher Erlaubnis weiter gequält werden", heißt es von Seiten der Ärztevereinigung.

Ein Journalist hatte im Tierversuchslabor des Unternehmens unbemerkt gefilmte Aufnahmen im Dezember 2003 veröffentlicht. Die Szenen von schwer verhaltensgestörten und misshandelten Tieren hatten ein Millionen-Fernsehpublikum erschüttert. Zahlreiche Strafanzeigen von Einzelpersonen und Tierrechtsverbänden waren bei der Staatsanwaltschaft eingegangen.

Für die Ärzte gegen Tierversuche ist nicht nachvollziehbar, wie trotz eindeutiger filmischer Beweise für Straftatbestände die Staatsanwaltschaft Münster das Verfahren einstellen konnte. Begründet wird die Einstellungsverfügung damit, dass Tierversuche in Deutschland erlaubt oder sogar vorgeschrieben seien. „Dass der Tierschutz seit 2002 Verfassungsrang besitzt, ist offensichtlich an der Staatsanwaltschaft vorbeigegangen“, so Dr. med. vet. Corina Gericke von den Ärzten gegen Tierversuche. „Eine Auffassung wie: es sind nur Versuchstiere - sie müssen ohnehin sterben - ein bisschen mehr quälen macht nichts - darf jedoch keinesfalls akzeptiert werden."

So hält die Staatsanwaltschaft das Brechen eines Affenarms für nicht tierschutzrelevant, weil dieses nicht vorsätzlich erfolgt sei. Tierärztin Gericke: „Ob dem Tier aber durch mangelnde Versorgung des gebrochenen Arms länger anhaltende Schmerzen und Leiden zugefügt worden sind, interessierte nicht". Auch dass die Tiere nach Eingriffen unter Narkose weder tierärztlich noch pflegerisch angemessen betreut werden, sondern während der Aufwachphase ungeschützt mit Wucht gegen die Metallstäbe ihrer Käfige stürzen, wurde als nicht tierschutzrelevant gewertet. „Kein Tierarzt dürfte seine Patienten in der Aufwachphase derartig vernachlässigen und gefährden", kritisiert Gericke. „Die Nichtversorgung blutender Wunden wird mit der unzutreffenden Aussage gerechtfertigt, man könne bei Tieren keine Verbände anlegen. Jeder Tierarzt wird das Gegenteil bestätigen." Die schweren haltungsbedingten Verhaltensstörungen der Affen lässt die Staatsanwaltschaft schließlich völlig außer Acht.

Die Ärztevereinigung stellt ob einer solch einseitigen Betrachtungsweise die Kompetenz und Unabhängigkeiten der Staatsanwaltschaft Münster in Frage.