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Bei einer Europäischen Bürgerinitiative (EBI) müssen innerhalb von einem Jahr mehr als eine Million verifizierte Unterschriften von EU-Bürgern gesammelt werden. Dann muss sich die EU-Kommission mit der Forderung auseinandersetzen. Die EBI „Save Cruelty Free Cosmetics – Für ein Europa ohne Tierversuche“ schloss nach einem Jahr harter Kampagnen-Arbeit mit über 1,4 Millionen Unterstützungsbekundungen ab, von denen 1.217.916 validiert wurden. Ärzte gegen Tierversuche war eine der treibenden Kräfte bei diesem Mammutprojekt.

Die Historie

Tierversuche für Kosmetikprodukte und ihre Inhaltsstoffe sind in der EU seit 2009 durch die Europäische Kosmetikverordnung verboten. Seit 2013 dürfen auch keine an Tieren getesteten Kosmetikprodukte oder Inhaltsstoffe mehr verkauft werden.

Doch trotz dieser Verbote fordert die Europäische Chemikalienagentur (ECHA) weiterhin neue Tierversuche für Chemikalien, die als kosmetische Inhaltsstoffe im Rahmen der REACH-Verordnung verwendet werden. Unterstützt wird sie dabei von der Europäischen Kommission und der ECHA-Beschwerdekammer. Die EU-Verordnung REACH regelt die Registrierung, Bewertung und Zulassung von Chemikalien, was zum großen Teil Tierversuche bedeutet. Inzwischen werden sogar Tierversuche für Substanzen verlangt, die ausschließlich in Kosmetika eingesetzt werden.

Das bahnbrechende Tierversuchsverbot für Kosmetika – ein Meilenstein für den Tierschutz und die jahrzehntelange Kampagnenarbeit – ist in Gefahr.

Ein konkreter Fall: Die Chemikalienbehörde ECHA verlangte im Rahmen der EU-Chemikalienverordnung REACH von dem deutschen Unternehmen Symrise, Tierversuche für zwei Substanzen durchzuführen, die in Sonnencremes eingesetzt werden. Über 2.000 Tiere sollten dafür leiden und sterben. Der Hersteller legte Beschwerde bei der ECHA-Beschwerdekammer ein. Im August 2020 entschied diese, dass das Unternehmen die Tierversuche durchführen muss. Diese Position wurde von der EU-Kommission unterstützt. Die Entscheidung der Beschwerdekammer bedeutet, dass das Kosmetik-Testverbot hinfällig ist und es für alle Kosmetikunternehmen – einschließlich der Marken, die ein tierversuchsfrei-Siegel tragen – praktisch unmöglich wird, Produkte zu vermarkten, die keine Inhaltsstoffe enthalten, die nicht unter REACH an Tieren getestet wurden oder werden könnten.

Hinzu kam, dass die so genannte Chemikalienstrategie für Nachhaltigkeit (CSS) (Chemicals Strategy for Sustainability) der Europäischen Kommission – die neue langfristige Vision für die EU-Chemikalienpolitik, die eine giftfreie Umwelt zum Ziel hat – zu einer massiven Erhöhung der Tierversuche führen könnte.

Wir mussten handeln.

Die EBI

Die Europäische Bürgerinitiative „Save Cruelty Free Cosmetics – Für ein Europa ohne Tierversuche“ wurde von Cruelty Free International, der Eurogroup for Animals, der European Coalition to End Animal Experiments, der Humane Society International / Europe und PETA initiiert, mit der Unterstützung der internationalen Kosmetikkonzerne The Body Shop und Dove. Aktiv unterstützt wurde sie zudem von Firmen wie Lush und unzähligen Organisationen, Vereinen und Einzelpersonen aus ganz Europa. In Deutschland war Ärzte gegen Tierversuche einer der Hauptakteure, zudem vertraten wir die ECEAE im Organisations-Komitee.

Es wurden drei Forderungen formuliert: 

  • Erhaltung und Stärkung des Tierversuchsverbots für Kosmetika
  • Verhinderungen neue Tierversuchsvorschriften für alle Chemikalien
  • Ausstieg aus allen Tierversuchen in der EU.


Dr. med. Marion Balscheit, Mitglied des erweiterten Vorstands, verteilt EBI-Flyer.

Das Instrument der Europäischen Bürgerinitiative

Die meisten Unterschriftensammlungen und Online-Petitionen dienen als Appelle an Politiker, um die Bürgermeinung zu verdeutlichen. Im Unterschied dazu ist eine EBI ein Instrument, mit dem europäische Bürger die Europäische Kommission auffordern können, neue Rechtsvorschriften zu einem bestimmten Thema vorzuschlagen. Damit eine EBI von der Kommission in Erwägung gezogen wird, muss sie von mindestens einer Million EU-Bürgern innerhalb eines Jahres in Form von Unterschriften unterstützt werden. Dabei muss aus mindestens 7 Ländern eine Mindestzahl erreicht werden. Im Gegensatz zu einer Petition wendet sich eine EBI direkt an die Kommission und kann zu Änderungen des EU-Rechts führen.

Der Erfolg

Nach einem Jahr des Sammelns, wurden am 31. August 2022 mehr als 1,4 Millionen Unterschriften gezählt. Nach der Validierung durch die Mitgliedsstaaten, lag die Zahl bei 1.217.916 Unterstützern, d.h., deutlich über dem Quorum von einer Million.

Um erfolgreich zu sein, muss eine EBI nicht nur mindestens eine Million gültige Unterschriften innerhalb von einem Jahr, sondern auch in mindestens sieben verschiedenen EU-Ländern ein Minimalziel an Unterstützungsbekundungen erreichen. Von den 27 EU-Mitgliedsstaaten haben nur 6 diese Mindestzahl nicht erreicht: Estland, Griechenland, Litauen, Luxemburg, Slowenien und Zypern. Keine andere EBI hat bisher ein so breites Spektrum an Ländern abgedeckt. Aus Deutschland wurden 257.988 validierte Unterschriften gezählt, das sind 21 % der Gesamtzahl und fast das Vierfache der geforderten Mindestzahl.

Tausend Dank an alle, die sich für dieses Ziel stark gemacht haben! Es war ein enormer Kraftakt, zu dem sich unzählige Vereine, Gruppen und Einzelpersonen in ganz Europa zusammengeschlossen haben. 

22.02.2023
Dr. med. vet. Corina Gericke