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Wer Münster mit einer schönen Innenstadt und dem Tatort verbindet, liegt richtig. Hier sind aber andere Tatorte gemeint: die Einrichtungen, in denen zahlreiche Tierversuche durchgeführt werden. Die Pro-Tierversuchs-Seite stellt gerne Tierversuche verharmlosend dar und vergleicht sie mit einer Blutabnahme. Die wenigsten Menschen wissen, dass grausame und schweres Leid verursachende Experimente an Tieren in Münster immer noch an der Tagesordnung sind - und die Verantwortlichen haben kein Interesse daran, das zu ändern. 

Dass es Tierversuche gibt, ist den meisten Menschen zwar bewusst – dass diese aber oft in direkter Nachbarschaft stattfinden, wissen viele nicht. Geschweige denn, welche Versuche mit welchen Tieren gemacht werden. Vieles findet vor der Haustür statt, finanziert durch Steuergelder der Bürger. 

Welche Tierlabore gibt es in Münster?

Bei dieser Frage herrscht völlige Intransparenz. Von offiziellen Stellen wird keine Auskunft gegeben. So verwenden wir Artikel in Fachzeitschriften und Stellenangebote als Quellen, aus denen wir unsere Adressliste der Tierlabore Deutschlands zusammengestellt haben. Dort listen wir die Institutionen auf, die für Tierversuche verantwortlich sind.

In Münster befindet sich Deutschlands größtes Affenforschungslabor „Covance“. Hier werden jedes Jahr um die 2.000 Affen in Tierversuchen z.B. in qualvollen Giftigkeitstests „verbraucht“. Zudem müssen an der Universität Münster Affen und andere Tiere in Tierversuche leiden und sterben. 

Welche Tierversuche werden in Münster gemacht?

Covance Laboratories GmbH

Kesselfeld 29, 48163 Münster

muenster covance 

Die amerikanische Firma Covance führt im Auftrag der Pharma- und Chemieindustrie Tierversuche durch und gilt als einer der weltgrößten Konzerne dieser Branche. In der Covance-Niederlassung in Münster werden jedes Jahr bis zu 2.000 Affen in qualvollen Giftigkeitstests getötet. Das Labor ist auf Fortpflanzungs-Giftigkeitstests an Affen spezialisiert und Deutschlands größter „Affenverbraucher“. An Langschwanzmakaken (auch Javaneraffen genannt) und anderen Affen werden Stoffe wie Arzneimittel und Chemikalien auf ihre erbgut- und fruchtschädigende Wirkung getestet. Meist mehrmals täglich werden die Testsubstanzen schwangeren Affen mit einem Schlauch in den Magen gepumpt oder in die Blutbahn injiziert, um die Auswirkung auf ihren Nachwuchs zu beobachten. Die Folge können Totgeburten oder Missbildungen sein. Die Substanzen werden auch an männliche Affen verabreicht, um ihre Zeugungsfähigkeit zu testen.

Eine Aussagekraft für den Menschen hat das Ganze nicht: neue Medikamente werden wegen fehlender Übertragbarkeit der Ergebnisse ohnehin niemals für Schwangere empfohlen. Die Tiere stammen aus Ländern wie Mauritius, China oder Vietnam, wo sie mit brutalen Methoden aus der freien Wildbahn gefangen und unter unsäglichen Bedingungen gezüchtet werden. Ihre Jungen werden an Labore wie Covance verkauft. Allein schon Fang, Haltung und Transport sind für die Tiere eine Tortur, die viele nicht überleben. Im Jahr 2019 mussten in Deutschland 2.761 Affen in Giftigkeitsprüfungen leiden – mehr als 80 % der insgesamt 3.443 Affen, die in deutschen Laboren verwendet wurden. Alle Affen werden am Ende der Versuche getötet. Kein Tier verlässt das Labor lebend.

Einige Beispiele von Experimenten, die in Fachzeitschriften veröffentlicht worden, sollen einen kleinen Einblick geben in weitere Versuche, die in Münster durchgeführt wurden und werden. Weitere Versuchsbeschreibungen aus Münster und ganz Deutschland sind in unserer Datenbank Tierversuche >> zu finden.

Universitätsklinikum Münster

Institut für Neuropathologie, Universitätsklinikum Münster, Pottkamp 2, 48149 Münster

Wie läuft der Versuch ab? Es werden Mäuse fünf verschiedener Zuchtlinien verwendet, die z.T. durch einen Gendefekt ein geschwächtes Immunsystem haben. Den Tieren werden Zellen eines aggressiven menschlichen Nervenscheidentumors unter die Haut beider Flanken gepflanzt. Bei den Mäusen mit intaktem Immunsystem wachsen die Tumoren kaum. Gruppen von Mäusen mit geschwächtem Immunsystem erhalten ab dem 42. Tag der Krebszelleneinpflanzung täglich zwei Wirkstoffe oder Placebo verabreicht. Dreimal wöchentlich wird die Größe der Tumoren gemessen. Nach 28 Tagen Behandlung werden alle Mäuse getötet, indem unter Narkose Brustkorb und Herz aufgeschnitten werden und eine Fixierungslösung in die Blutbahn injiziert wird. (4)

Was wird gemacht – in einem Satz: Immunschwachen Mäusen werden Tumore gezüchtet, sie bekommen Medikamente und am Ende werden sie getötet.

Warum ist das sinnlos – und wie geht’s besser? Solche künstlich geschädigten „Tiermodelle“ sind nicht mit der komplexen Situation beim menschlichen Patienten vergleichbar. Die Entstehung von Krebs wird – das ist dank Bevölkerungsstudien bekannt – zu einem Drittel durch Tabakrauch und zu einem Drittel durch Ernährung beeinflusst. Zudem unterscheidet sich das Immunsystem von Menschen gravierend von Mäusen. (5) Sogenannte Krebsmäuse wurden schon millionenfach „geheilt“, aber beim menschlichen Patienten versagen die so entwickelten Therapien reihenweise – in sage und schreibe 95% der Fälle, um genau zu sein. (3)

Mittels der personalisierten Medizin kann man nicht nur die passenden Chemotherapeutika für den einen besonderen Patienten mit dieser einen Krebsart finden (6), sondern u.a. in Kombination mit 3D-Druck und Künstlicher Intelligenz auch verschiedenste Forschungsfragen adressieren – unsere NAT Datenbank für tierleidfreie Forschung enthält um die 100 Einträge für das Schlagwort „Krebs“; zu finden unter www.nat-database.de

Universitätsklinikum Münster

Translational Research Imaging Center (TRIC), Institut für Klinische Radiologie, Universitätsklinikum Münster, Albert-Schweitzer-Str. 33, 48149 Münster

Wie läuft der Versuch ab? Bei Mäusen wird eine künstliche Dickdarmentzündung (Kolitis) ausgelöst, indem ihnen die Chemikalie Dextrannatriumsulfat (DSS) 7 Tage lang ins Trinkwasser gemischt wird. Die Tiere verlieren ab dem 5. Tag massiv an Gewicht. Vor Beginn der DSS-Gabe sowie am Tag 4 und 10 wird folgende Prozedur durchgeführt: Unter Betäubung wird eine Blutprobe aus dem Venengeflecht hinter dem Augapfel entnommen. Anschließend wird eine Darmspiegelung mit einem 1,9 mm dicken und 10 cm langen Endoskop vorgenommen. Danach werden die Tiere mit einem speziellen tomographischen Verfahren untersucht. Am 10. Tag werden alle Mäuse durch Ersticken mit CO2 und Köpfen getötet. Ziel war es, Anzeichen einer künstlich ausgelösten Dickdarmentzündung bei Mäusen frühzeitig erkennen zu können. (7)

Was wird gemacht – in einem Satz? Mäuse bekommen eine Chemikalie, die Dickdarmentzündungen auslöst, Blutproben aus dem Auge werden entnommen und Darmspiegelungen durchgeführt, bevor alle Mäuse nach 10 Tagen getötet werden.

Warum ist das sinnlos – und wie geht’s besser? Junge, gesunde Tiere werden künstlich krank gemacht – das hat nun wirklich nichts mit der Situation des erkrankten Menschen zu tun. Wichtige Aspekte der Krankheitsentstehung wie Ernährung, Lebensgewohnheiten, schädliche Umwelteinflüsse sowie psychische und soziale Faktoren werden bei dieser Art der Forschung nicht berücksichtigt. Die Dickdarmentzündung beim Menschen kann vielfältige Ursachen haben, keinesfalls wird sie aber durch eine Chemikalie ausgelöst.

Insbesondere Darmorganoide bilden eine Mini-Version des menschlichen Darms mit allen Zelltypen ab, mit denen hervorragend geforscht werden kann, auch zu entzündlichen Erkrankungen (8) und zur Untersuchung der Immunantwort. (9)

Westfälische Wilhelms-Universität Münster

muenster wwu

Centrum für Reproduktionsmedizin und Andrologie (CeRA), Medizinische Fakultät, Westfälische Wilhelms-Universität Münster, Albert-Schweitzer-Campus 1, Geb. D11, 48149 Münster

Wie läuft der Versuch ab? Sechs Weißbüscheläffchen werden betäubt und durch Köpfen getötet. Aus ihren Hoden werden kleine Gewebestücke geschnitten. Nacktmäusen, die durch einen Gendefekt ein stark geschwächtes Immunsystem haben, sodass ihr Körper fremdes Gewebe nicht abstößt, werden unter Narkose je 6 Affenhodengewebestücke unter die Rückenhaut verpflanzt. Nach 20 Wochen werden die Tiere getötet. Als entferntes Ziel wird angegeben, die Zeugungsfähigkeit von Krebspatienten erhalten zu wollen. Dazu soll vor einer Chemotherapie Hodengewebe des Patienten auf Mäuse übertragen und später zurücktransplantiert werden. Hier wird dieses Verfahren, an dem in Münster seit mindestens 15 Jahren geforscht wird, mit Affenhoden und mit kastrierten und unkastrierten Nacktmäusen durchgeführt. (10)

Was wird gemacht – in einem Satz? Von getöteten Weißbüscheläffchen wird Hodengewebe in den Rücken von Immungeschwächten Mäusen transplantiert, die nach 20 Wochen getötet werden.

Warum ist das sinnlos – und wie geht’s besser? Abgesehen davon, ob dieser Absatz jemals funktionieren wird, ist die Vorstellung, Tiere als lebende „Container“ für menschliches Gewebe verwenden zu wollen, absurd und ethisch nicht zu rechtfertigen. Tiere sind keine Ersatzteillager, Organfabriken oder Container, sondern fühlende Lebewesen. Letztendlich handelt es sich um reine Neugier getriebene Grundlagenforschung, die allenfalls der Karriere des Experimentators nützt und sonst niemandem.

Die tierfreien Methoden machen immer weiter Fortschritte trotz mangelhafter Förderung, so gibt es z.B. Hodenorganoide, die auf menschlichen Zellen basieren und somit im richtigen System, nämlich dem Menschlichen, geforscht werden kann. (11)

Weitere für Tierversuche verantwortliche Einrichtungen in Münster

  • Julius Kühn-Institut (JKI), Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen, Toppheideweg 88, 48161 Münster
  • Landesfischereiverband Westfalen und Lippe e.V., Sprakeler Str. 409, 48159 Münster
  • vaxxinova GmgH diagnostics, Virologie, Johann-Krane-Str. 42, 48149 Münster

Westfälische Wilhelms-Universität Münster

  • Institut für Neuro- und Verhaltensbiologie, Badestr. 9, 48149 Münster
  • Institut für Pharmazeutische und Medizinische Chemie, Klinische Pharmazie, Correnstr. 48, Raum A 120.210, 48129 Münster
  • Institut für Reproduktions- und Regenerative Biologie, Zentrum für Reproduktionsmedizin und Andrologie, Albert-Schweitzer-Campus 1, Gebäude D11, 48149 Münster
  • Institut für Translationale Neurologie (ITN), Albert-Schweitzer-Campus 1, Gebäude A1, 48149 Münster
  • Klinik für Anästhesiologie, Notfall- und Schmerzmedizin, Albert-Schweitzer-Campus 1, Gebäude A1, 48149 Münster
  • Klinik für Nuklearmedizin, Albert-Schweitzer-Campus 1, Gebäude A1, 48149 Münster
  • Klinik und Poliklinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, Albert-Schweitzer-Str. 33, 48149 Münster
  • Klinik und Poliklinik für Neurologie, Albert-Schweitzer-Str. 33, 48129 Münster
  • Medizinische Fakultät, Institut für experimentelle Ophthalmologie, Albert-Schweitzer-Str. 33, 48129 Münster
  • Medizinische Fakultät, Klinik für Innere Medizin, Nephrologie und Rheumatologie, Albert-Schweitzer-Str. 33, 48129 Münster
  • Medizinische Klinik B für Gastroenterologie und Hepatologie, Albert-Schweitzer-Str. 34, 48149 Münster
  • Universitätsklinikum Münster, Experimentelle und Klinische Hämostaseologie, Klinik für Anästhesiologie, operative Intensivmedizin und Schmerztherapie, Mendelstraße 11, 48149 Münster
  • Universitätsklinikum Münster, Medizinische Klinik D, Experimentelle Nephrologie, Albert-Schweitzer-Campus 1/A14, 48149 Münster
  • Universitätsklinikum Münster, tierexperimentelle Einrichtung, Albert-Schweitzer-Str. 33, 48129 Münster

Tierversuchsfrei Forschen

Die erwähnten tierleidfreien, humanbasierten Forschungsmethoden sind nur wenige Beispiele. Eine große Vielfalt ist in unserer NAT-Datenbank zu finden: die NAT Database für moderne tierversuchsfreie Technologien >> >> - einfach mal reinschauen! Es gibt schon viele faszinierende Möglichkeiten in diesem Bereich!

02.08.2021
Dipl. Biol. Julia Radzwill

Quellen

  1. Lindl T et al. Animal experiments in biomedical research. An evaluation of the clinical relevance of approved animal experimental projects: No evident implementation in human medicine within 10 years. ALTEX 2005; 22(3):143–151
  2. Lindl T et al. No clinical relevance of approved animal experiments after seventeen years. ALTEX 2011; 28(3):242–243
  3. Mullard A. Parsing clinical success rates. Nat Rev Drug Discov 2016; 15(7):447–447
  4. Fischer-Huchzermeyer S et al. Testing ATRA and MEK inhibitor PD0325901 effectiveness in a nude mouse model for human MPNST xenografts. BMC Research Notes 2018; 11(1):520
  5. Seok J et al. Genomic responses in mouse models poorly mimic human inflammatory diseases. PNAS 2013; 110(9): 3507-3512
  6. Indivumed. IndivuTest
  7. Nowacki TM et al. Target-Specific Fluorescence-Mediated Tomography for Non-Invasive and Dynamic Assessment of Early Neutrophil Infiltration in Murine Experimental Colitis. Cells 2019; 8(11):1328
  8. Trapecar M et al. Gut-Liver Physiomimetics Reveal Paradoxical Modulation of IBD-Related Inflammation by Short-Chain Fatty Acids. Cell Syst 2020; 10(3):223-239.e9
  9. Maurer M et al. A three-dimensional immunocompetent intestine-on-chip model as in vitro platform for functional and microbial interaction studies. Biomaterials 2019; 220:119396