Tierversuche unter Beschuss
12. November 2008
Das renommierte Wissenschaftsjournal NATURE titelte im Dezember 2006 »Tierversuche wegen schlechter Planung unter Beschuss«. Der kritische Artikel basiert auf einer aktuellen Studie britischer Wissenschaftler (siehe unten).
Zusammenfassung
Ein Team von britischen Medizinern decken erhebliche Unterschiede zwischen Tierversuchen und klinischen Studien auf. Die systematische Untersuchung vergleicht die Ergebnisse verschiedener Behandlungsmethoden bei Versuchstieren und Patienten. Dazu wurden entsprechende Artikel in Fachzeitschriften analysiert. Bei nur drei der sechs untersuchten Krankheitsbilder gab es Übereinstimmungen, bei der anderen Hälfte nicht. Zum Beispiel hilft Kortison Versuchstieren mit einer künstlich beigebrachten Kopfverletzung.
Bei menschlichen Patienten konnte diese Wirkung nicht festgestellt werden. Bei Tieren konnte ein Schlaganfall mit dem Medikament Tirilazad erfolgreich behandelt werden. Beim Menschen nützte es nichts oder war sogar schädlich. Umgekehrt war die Gabe von antifibrinolytischen Medikamenten bei Hirnblutungen bei Patienten hilfreich, im Tierversuch jedoch nicht.
Die Autoren kritisieren auch die unrealistische Nachahmung klinischer Beschwerden. So erhielten Nagetiere zehn Minuten nach einem künstlich beigebrachten Schlaganfall eine Behandlung, während Menschen oft erst nach 24 Stunden behandelt wurden. Weiterhin fanden die Wissenschaftler Beweise für Voreingenommenheit bei der Veröffentlichung. Studien mit unerwünschten Ergebnissen würden oft nicht publiziert werden.
Zwar könne aufgrund einer Analyse von nur sechs Behandlungsmethoden kein pauschales Urteil über Tierversuche gefällt werden, heißt es in dem Artikel, aber die Ergebnisse machen die Grenzen bei der Übertragung von Tierversuchsergebnissen auf die klinische Situation deutlich.
Quelle
Titel: Comparison of treatment effects between animal experiments and clinical trials: systematic review
Autoren: Pablo Perel (1), Ian Roberts (1), Emily Sena (2), Philipa Wheble (2), Catherine Briscoe (2), Peter Sandercock (2), Malcolm Macleod (2), Luciano E. Mignini (3), Pradeep Jayaram (4), Khalid S. Khan (4)
Institute: (1) Crash Trieal Coordinating Centre, London School of Hygiene and Tropical Medicine, London WC1E 7HT, UK, (2) Clinical Neuroscience, University of Edinburgh, UK, (3) Centro Rosarino de Estudios Perinatales, WHO Collaborative Centre in Maternal and Child Health, Rosario 2000, Argentinien, (4) Division of Reproductive and Child Health, Birmingham Woman's Hospital, University of Birmingham, UK
Zeitschrift: BMJ 2007: 334(7586); 197 doi:10.1136/bmj.39048.407928.BE
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