40 Jahre Affenqualzentrum DPZ Göttingen
Ärzteverein wirft „Tierversuchspropaganda“ vor
Das Deutsche Primatenzentrum (DPZ) Göttingen wird 40 Jahre alt. Der bundesweite Verein Ärzte gegen Tierversuche bezeichnet die Institution als „ewig gestrig“ und wirft ihr vor, Tierversuche systematisch zu verharmlosen und zu verherrlichen.
Laut einer Auswertung der Ärzte gegen Tierversuche liegt Göttingen nach München und Berlin an dritter Stelle der Tierversuchshochburgen Deutschlands. Am DPZ werden rund 1.300 Affen verschiedener Arten gehalten und gezüchtet, um mit ihnen zu experimentieren oder sie an andere Tierversuchslabore abzugeben. Unter anderem werden Rhesusaffen oder Weißbüscheläffchen mit Bakterien und Viren infiziert, um Krankheiten wie „Affen-AIDS“ oder Hepatitis auszulösen. Wie auch in Tübingen, Bremen, Magdeburg und Frankfurt werden am DPZ Affenhirnversuche durchgeführt, bei denen die Tiere in einem Primatenstuhl fixiert werden. Mit unbeweglich angeschraubtem Kopf müssen sie Aufgaben am Bildschirm erledigen, während durch ein Bohrloch im Schädel in das Hirngewebe eingeführte Elektroden Hirnströme messen. Durst zwingt die intelligenten Primaten dazu, mitzumachen, denn nur, wenn sie den Forscherwunsch erfüllen, bekommen sie ein paar Tropfen Flüssigkeit.
Der Ärzteverein kritisiert nicht nur die Grausamkeit solcher Versuche, sondern auch deren fehlende medizinische Relevanz für den Menschen. „Tierversuche werden vorgeblich durchgeführt, um die Krankheiten des Menschen zu verstehen und zu heilen, doch die Erfolge bleiben aus, Hoffnungen kranker Menschen werden enttäuscht“, erklärt Claus Kronaus, Geschäftsführer von Ärzte gegen Tierversuche.
Zu verurteilen ist laut Ärzte gegen Tierversuche auch die Rolle des DPZ bei der „Propaganda für Tierversuche“. Kopf einer vor knapp einem Jahr gegründeten, durch verschiedene tierexperimentelle Einrichtungen unterstützten Plattform, ist der Leiter des DPZ, Prof. Stefan Treue.
„Es ist ein Skandal, dass eine solche Initiative mit öffentlichen Geldern gefördert wird, um das völlig überholte, grausame und für den Menschen gefährliche System Tierversuch mit irreführenden Aussagen und ständiger Verharmlosung weiterhin salonfähig zu halten“, so Kronaus.
Allein das DPZ erhält Dreiviertel seines jährlichen Gesamtbudgets von ca. 20 Millionen Euro aus öffentlicher Hand; das ist etwa doppelt so viel, wie der gesamten tierversuchsfreien Forschung in Deutschland zur Verfügung stehen.
Trotz der schlechten Förderung haben nach Aussage der Ärzte gegen Tierversuche hochinnovative Forschungsmethoden, die beispielsweise auf menschlichen Zellen basieren und eine leidfreie, menschbezogene Forschung ermöglichen, im Gegensatz zum Tierversuch beachtliche Erfolge vorzuweisen. So wurden mit Hilfe sogenannter Mini-Gehirne, die aus Hautzellen kranker Menschen gewonnen werden, Entwicklungsstörungen des menschlichen Gehirns bei Mikrozephalie oder Zika-Virus-Infektion erfolgreich nachvollzogen.
Prof. Treue bezeichnete die von führenden Neurologen entwickelten Mini-Gehirne, die für die Erforschung und Behandlung menschlicher, neurologischer Krankheiten ein großes Potential haben, despektierlich als „Zellklumpen“. Auch die Durstqualen der Primaten in der Hirnforschung werden von dem DPZ-Leiter heruntergespielt.
„Es ist angesichts dieser, für uns Menschen extrem gefährlichen Erfolglosigkeit des Tierversuchs an der Zeit, sich endlich den innovativen Forschungsmethoden wie Mini-Gehirnen, Multiorganchips, Computermodellen, bildgebende Verfahren usw. konsequent zu widmen, die Fördergelder in diese Richtung umzuschichten und die sinnlose und grausame Forschung an Tieren aufzugeben“, erklärt Kronaus abschließend.
Weitere Infos
Tierversuchshochburgen in Deutschland >>
Quellen für die Aussagen von Prof. Treue
Deutschlandfunk: „Auf der Suche nach Alternativen“, 10.5.2017
Peter Hahne: „Leiden für die Wissenschaft“, ZDF, 10.4.2017