Aktuelle Studie belegt: Kein Nachweis über angeblichen Nutzen von Tierversuchen
Einer Ende Mai in der medizinischen Fachzeitschrift British Medical Journal veröffentlichten Studie zufolge fehlt der Nachweis über den Nutzen von Tierversuchen und Gelder, die in die tierexperimentelle Forschung investiert werden, bleiben einer für Mediziner und Patienten sinnvolleren Forschung vorenthalten. Der bundesweite Verein Ärzte gegen Tierversuche sieht darin einen weiteren Beleg für das Versagen des tierexperimentellen Systems und fordert eine moderne, tierversuchsfreie Forschung, die Tieren Leid erspart und für Patienten hilfreich ist.
Die Autoren durchforsteten Literatur nach Hinweisen für den klinischen Nutzen von Tierversuchen. Es zeigte sich, dass sich nur 25 Übersichtsarbeiten die These untermauern, dass die tierexperimentelle Forschung eine medizinische Relevanz hat und selbst diese wenigen Veröffentlichungen ließen Zweifel an der Qualität und Aussagekraft aufkommen. Hingegen würden sich Belege häufen, dass mit Tierversuchen, wenn überhaupt, nur sehr dürftig Vorhersagen für den Menschen getroffen werden können.
Die Studie führt eine Reihe von wissenschaftlichen Untersuchungen an, die den Nutzen von Tierversuchen auf den Prüfstand stellen. So lassen zahlreiche Studien den Rückschluss zu, dass selbst Ansätze, die im Tierversuch zunächst vielversprechend erscheinen, in der klinischen Studie am Menschen versagen und keine praktische Anwendung daraus resultiert. So folgte aus jahrzehntelanger Schlaganfallforschung keine einzige Therapie für den Menschen. Ähnlich bei Versuchen an einem „etablierten Mausmodell“ zur amyotrophen Lateralsklerose (Erkrankung des motorischen Nervensystems), bei denen sich von über 100 Medikamenten keines als nützlich für Patienten erwiesen hatte.
Weiter zeigte sich, dass die Qualität bei der Durchführung von Tierversuche häufig mangelhaft ist. Nur bei 12 % der tierexperimentellen Arbeiten wurden anerkannte Methoden des Studiendesigns angewendet.
Ein Projekt an einer englischen Universitätsklinik zielte darauf ab, mit einer besseren Schulung der Experimentatoren die Übertragbarkeit von Tierversuchsergebnissen auf den Menschen zu verbessern. Allerdings zeigte sich, dass die Motivation der Grundlagenforscher vielmehr in der wissenschaftlichen Entdeckungslust begründet lag als in der Absicht, klinisch anwendbare Erkenntnisse zu erlangen.
„Die aktuelle Studie belegt erneut, dass der von manchen Kreisen gebetsmühlenartig behauptete Nutzen von Tierversuchen keinerlei Fundament hat und zeigt darüber hinaus die stümperhafte und dem reinen Eigeninteresse dienenden Vorgehensweise im tierexperimentellen System“, resümiert Dipl.-Biol. Silke Bitz, Sprecherin der Ärzte gegen Tierversuche.
Die Autoren der Studie bezeichnen die bestehende Situation als unethisch und kritisieren, dass methodische Ungenauigkeit bei vorklinischen Tests dazu führen, dass darauffolgende klinische Studien am Menschen versagen, Probanden potentiellen Risiken ausgesetzt werden und uns nützliche Therapien möglicherweise vorenthalten bleiben. Zudem sei es ethisch nicht zu rechtfertigen, Tieren hierfür Leid zuzufügen.
Die Ärztevereinigung warnt schon lange vor den Gefahren des Tierversuchs und setzt sich für eine zielgerichtete Forschung ein, die mittels Bevölkerungsstudien, Zellforschung, Computersimulationen und Biochips zu relevanten medizinischen Erkenntnissen gelangt.
Weitere Infos
Originalveröffentlichung: Pandora Pound, Michael B. Bracken: How predictive and productive is animal research? BMJ 2014; 348:g3719 (PDF) >>