Alkoholsucht, Raucherlunge, zersägte Knochen und ein Bullauge in der Maus
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Aktuelle Tierversuche aus Deutschland
Die Pro-Tierversuchs-Lobbyverbände suggerieren der Öffentlichkeit Transparenz. Tatsächlich aber werden Zahlen nach unten nivelliert, Grausamkeiten verharmlost und ein angeblicher Nutzen von noch so abstrusen Tierversuchen herbeigezaubert. Mit unserem öffentlich zugänglichen Datenbank-Projekt (datenbank-tierversuche.de) dokumentieren wir seit 1995 einige der in Deutschland durchgeführten Tierversuche und geben so den Menschen einen ungeschönten Einblick in die Praxis der Tierversuche. Im Jahr 2018 haben wir unserer weltweit einzigartigen Sammlung weitere 100 Beschreibungen hinzugefügt. Die Fakten beruhen auf in Fachzeitschriften veröffentlichten Tierstudien.
Tierexperimentatoren meinen, komplexe menschliche Krankheiten in sogenannten „Tiermodellen“ nachahmen zu können, um so diese besser zu verstehen oder Behandlungsmethoden auszuprobieren. Dem Ideenreichtum ist hier keine Grenze gesetzt und so stoßen wir immer wieder auf abenteuerliche Versuchsanordnungen.
Beispielsweise wird im Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) bei Schweinen eine Herzklappenschwäche simuliert, indem den Tieren ein spezieller Katheter mit einem zusammengeklappten Drahtkorb am Ende über die Halsschlagader bis in die linke Herzkammer vorgeschoben wird. Durch das Aufklappen des Drahtkorbes und anschließende Herausziehen des Katheters durch die Aortenherzklappe wird diese beschädigt.
Dokumenten-ID 4861
Eine andere Methode, das Herz gesunder Tiere zu schädigen, wird ebenfalls am UKE in Hamburg praktiziert. Meerschweinchen wird unter Narkose der Brustkorb aufgeschnitten. Eine durch flüssigen Stickstoff gekühlte Aluminiumsonde wird viermal je 30 Sekunden an das Herz gehalten, um so Verletzungen am Herzgewebe zu erzeugen. Allein bei dieser Prozedur sterben 101 von 253 Meerschweinchen. Eine Woche nach der Verletzung wird den überlebenden 152 Meerschweinchen ein „Gewebepflaster“ aus menschlichen Herzzellen auf die Herzen genäht. Diesmal sterben 80 Tiere. Nur 72 Meerschweinchen überleben die Prozedur. Diese werden 28 Tage später getötet.
Dokumenten-ID 4865
In Bonn wird bei Ratten eine Rückenmarksverletzung künstlich hervorgerufen. Dafür erfolgt vom Rücken her das Aufschneiden eines Brustwirbels, um an das Rückenmark zu gelangen. Mit einem speziellen Gerät wird das Rückenmark mit einer standardisierten Kraft gequetscht (was die Bandbreite der bei Unfällen auftretenden Rückenmarksverletzungen widerspiegeln soll). Ein Teil der Tiere bekommt ein Medikament. 2, 4, 6, und 8 Wochen nach der Verletzung müssen die Ratten auf einer horizontalen Leiter gehen, um zu bewerten, ob sie auf dieser gehen können.
Dokumenten-ID 4869
In Essen wird bei Mäusen eine Blutvergiftung künstlich ausgelöst. Hierfür wird unter Narkose der Bauch aufgeschnitten. Der Blinddarm wird herausgehoben, abgebunden und mit einer Nadel durchstochen, damit ein Teil vom Blinddarminhalt in die Bauchhöhle läuft. Dann wird der Blinddarm in die Bauchhöhle zurückgelegt. Dieses Caecal Ligation and Puncture (CLP) genannte „Modell“ verursacht eine Blutvergiftung mit einer Todesrate von 20% innerhalb der ersten 2 Tage. Nach 4 Tagen werden die überlebenden Mäuse getötet.
Dokumenten-ID 4893
In einer Arbeit aus Leipzig wird Pferden eine künstliche Sehnenverletzung zugefügt, indem das Enzym Kollagenase in die Sehnen aller 4 Beine gespritzt wird. Es kommt zur lokalen Zerstörung des Sehnen-Gewebes. Über Monate hinweg werden die Tiere etlichen, z.T. schmerzhaften Behandlungen mittels mesenchymaler Stromazellen ausgesetzt. Nach 24 Wochen werden die Pferde getötet.
Dokumenten-ID 4900
Die Vorstellung, dass Tierversuche durchgeführt werden, um neue Medikamente für Menschen zu entwickeln und zu testen, stimmt so nicht. Sehr oft geht es neben der Entwicklung von „Tiermodellen“ um die Bestätigung von am Menschen gewonnenen Erkenntnissen.
So wird in Heidelberg jungen Kaninchen eine große Lücke von 1,5 cm in einen Vorderbeinknochen gesägt, um zu untersuchen, ob ein bestimmter Wachstumsfaktor für die Heilung menschlicher Knochenschädigungen förderlich ist. Solche (z.T. sehr ähnliche) Substanzen werden bereits erfolgreich in der Klinik eingesetzt.
Dokumenten-ID 4940
Die Zahl von Abstoßungsreaktionen nach Nierentransplantation beim Menschen ist hoch. Es wird vermutet, dass hierfür in vielen Fällen die unzuverlässige Einnahme der Immunsuppressiva durch die Patienten verantwortlich ist. Anstatt nun mit Hilfe dieser Patienten Daten zu sammeln, wird in Regensburg versucht, das Problem mit Hilfe von Ratten anzugehen. Dazu wird Ratten die rechte Niere entfernt und die linke wird durch eine Niere einer anderen Ratte ersetzt. Anschließend erhalten Gruppen von Ratten entweder täglich oder unregelmäßig Immunsuppressiva, was der unzuverlässigen Einnahme beim Menschen entsprechen soll. 19 der 31 Tiere erleiden eine Abstoßungsreaktion mit Nierenversagen. Nach 28 Tagen werden die überlebenden Tiere getötet.
Dokumenten-ID 4903
Ginkgo-Extrakt wird testweise bereits zur Behandlung von Hörschäden beim Menschen eingesetzt. In Erlangen wird nun untersucht, ob die Symptome von künstlich ausgelöstem Hörverlust und Tinnitus bei Gerbils durch Ginkgo-Extrakt verbessert werden. Dazu werden betäubte Gerbils 75 Minuten mit einem 115 dB lauten Ton beschallt (120 dB wird als unerträglich laut und als Schmerzgrenze beim Menschen definiert). Dadurch wird bewusst ein Hörverlust und Tinnitus bei den Tieren ausgelöst. Dann bekommen die Gerbils täglich 3 Wochen lang einen Gingko-Extrakt mit der Magensonde verabreicht.
Dokumenten-ID 4920
Es ist schon lange bekannt, dass Diclofenac Leber- und Nierenschäden verursacht. Die letzten Jahre wurde dies aber nur bei Menschen und Mäusen gezeigt. Um dies nochmal an Hunden zu testen und die Mechanismen der Schädigung näher zu ergründen, wird in Hannover Beagle-Hunden über 28 Tage eine Überdosis an Diclofenac verabreicht. Die Tiere erleiden starke Immunreaktionen, Nieren- und Leberschäden. Nach 28 Tagen werden die Tiere getötet.
Dokumenten-ID 4880
Es gibt Millionen Menschen, die freiwillig ihre Gesundheit durch Rauchen und/oder Alkohol aufs Spiel setzen. Epidemiologische Untersuchungen, d.h. Bevölkerungsstudien würden hier Sinn machen. Stattdessen werden Jahr für Jahr unsere Steuergelder dafür verschwendet, Mäuse und Ratten zum Rauchen zu zwingen und alkoholsüchtig zu machen.
Am Zentralinstitut für Seelische Gesundheit in Mannheim müssen Ratten und Mäuse alkoholhaltige Dämpfe einatmen oder sie werden durch Wasserentzug gezwungen, Alkohol zu sich zu nehmen. Dadurch werden die Tiere süchtig gemacht. Einmal pro Woche werden sie für 58 Stunden auf Entzug gesetzt. Die Tiere leiden an schweren Entzugssymptomen wie Unruhe, starken Bewegungsdrang, Muskelkrämpfen, Zittern am ganzen Körper, Zähneklappern und tonisch-klonischen Krämpfen. Dann werden die Tiere durch Abschneiden des Kopfes getötet. Es geht um Erkenntnisse bezüglich der Strukturen der Zellmembran bei Menschen mit Alkoholsucht.
Dokumenten-ID 4963
Auch an der Charité-Universitätsmedizin Berlin finden Alkoholversuche statt. Ratten werden süchtig gemacht, indem sie mit alkoholhaltiger Flüssignahrung ernährt werden. Den Tieren wird ein Loch in den Schädel gebohrt, durch das eine Sonde in das Gehirn eingelassen und am Schädel befestigt wird. Dann werden die Tiere auf Entzug gesetzt, wobei es zu schweren Symptomen kommt. Die Ratten werden in Narkose versetzt, um Erkenntnisse über den Einfluss von gasförmigen Narkosemitteln bei Alkoholkranken zu gewinnen.
Dokumenten-ID 4964
In Ulm werden Mäuse 3-4 Wochen lang täglich Zigarettenrauch ausgesetzt. Dann wird eine explosionsartige Luftwelle auf den Brustkorb der Tiere gerichtet, wodurch es zu einer Quetschung der Lunge kommt. Vier Stunden später werden die Mäuse getötet. Die Forscher finden heraus, dass eine Lungenquetschung und Rauchen bei Mäusen mehr Entzündungsanzeichen hervorruft als Rauchen allein.
Dokumenten-ID 4925
Bei der Firma Boehringer Ingelheim aus Biberach an der Riß widmet man sich einer anderen Kombination, nämlich Rauchen und Schweinegrippe und – oh Wunder – stellt fest, dass Zigarettenrauch und Schweinegrippeviren Mäuse kränker macht, als nur Zigarettenrauch. Dazu werden die Tiere täglich dem Rauch von 4 Roth-Händle-Zigaretten ohne Filter ausgesetzt, indem sie in eine Plastikbox gesetzt werden, in die der Rauch eingeleitet wird. Dann werden ihnen H1N1-Influenzaviren (bekannt als „Schweinegrippe“) in die Nase gesprüht und es folgen 4 weitere Tage mit Zigarettenrauch-Exposition. Manche Mäuse verlieren 12 % ihres Gewichts. Am 12. Tag werden alle Tiere getötet.
Dokumenten-ID 4941
Zum Schluss noch ein Beispiel, das einem die Haare zu Berge stehen lässt. Hier werden qualvolle Tierversuche auch noch als eine Art Tierschutz („Refinement“, also Verfeinerung von Tierversuchen) verkauft.
Eine Forschergruppe in Leipzig hat ein neues „Modell“ einer sogenannten Rückenhautkammer entwickelt. Rückenkammermodelle bei Mäusen werden seit 80 Jahren in der tierexperimentellen Forschung eingesetzt, um in die Haut bei lebenden Tieren schauen zu können. Dabei wird die Rückenhaut der betäubten Maus zwischen 2 Metallrahmen gespannt, die fest zusammengeschraubt werden. In der Mitte der Metallrahmen befindet sich ein durchsichtiges Beobachtungsfenster – eine Art Bullauge. In diesem Bereich werden Löcher in die oberen Hautschichten der Maus geschnitten werden. So kann man die Blutgefäße des Tieres durch die extrem gespannte Haut beobachten. Als „Vorteil“ des hier beschriebenen „Leipziger Kammermodells“ nennen die Forscher die geringere Größe und das geringere Gewicht gegenüber anderen Rückenkammermodellen, wodurch „eine deutliche Minderung des Leides der Tiere“ erreicht würde. Die Autoren werten ihre Arbeit als Beitrag zum Refinement im Rahmen der 3R (Reduce, Refine, Replace)*. Aber: in den USA ist eine kleinere und leichtere Kammer bereits entwickelt worden. Hier wurden also 66 Mäuse verforscht, für etwas, das es schon gibt und das man ohnehin nicht braucht!
Dokumenten-ID 4896
Maus mit Bullauge („Rückenhautkammer“). Quelle: Wittig C et al - PLOS One 2015. Fig. 6
Dokumenten-ID: 4966
Diese Auswahl an Beispielen ließe sich endlos fortsetzen. Sie belegt wieder einmal, dass Tierversuche grausam und abstrus sind und nur dazu dienen, einzelnen Experimentatoren die Neugier zu befriedigen und den Posten zu sichern.
Dr. med. vet. Corina Gericke
Weitere Infos
*3R-Konzept
Es beruht auf der Annahme, der Tierversuch sei eine prinzipiell sinnvolle Methode, die durch Ersatz (Replacement) durch nicht oder weniger leidensfähige Systeme, durch Verminderung (Reduction) der Anzahl der Tiere oder durch Verfeinerung (Refinement), z.B. Verminderung der Schmerzen für die Tiere, verbessert werden könnte. Eine Abkehr vom Tierversuch wird bei diesem Konzept nicht in Erwägung gezogen. Siehe dazu „Tierversuche reduzieren, ersetzen oder abschaffen?
Dokumenten-ID
Unter www.datenbank-tierversuche.de können Sie die jeweilige ID eingeben und gelangen so zu der jeweiligen Quelle und Versuchsbeschreibung.