Baden-Württemberg setzt auf antiquierte Forschung
Freiburg weitet Tierversuchsforschung aus
Das Land Baden-Württemberg will an der Freiburger Uniklinik ein weiteres Tierversuchslabor für 10.000 Mäuse bauen, in dem vorwiegend an genmanipulierten Tieren geforscht werden soll. Der bundesweite Verein Ärzte gegen Tierversuche kritisiert das Vorhaben aufs Schärfste, da mit der Ausweitung der tierexperimentellen Forschung ein unethisches und wissenschaftlich fragwürdiges System zementiert wird.
In der Breisacher Straße soll mit dem sogenannten IMITATE (Institute for Disease Modeling and Targeted Medicine) ein neues Tierversuchslabor entstehen, um genetische Erkrankungen des Menschen an Tieren zu simulieren und therapeutische Ansätze zu entwickeln. Etwa 10.000 Mäuse in 3.000 Käfigen sollen gehalten werden, wobei die tatsächliche Zahl der in dem neuen Labor verbrauchten Tiere wesentlich höher liegen dürfte, denn die Käfige werden mehrfach im Jahr neu besetzt. In einer Stellungnahme kritisiert der Verein den Plan und fordert stattdessen die Fokussierung auf innovative tierversuchsfreie und klinisch relevante Forschungswege.
Auftraggeber des 40 Millionen Euro teuren neuen Tierversuchslabors ist das Land Baden-Württemberg, vertreten durch das Universitätsbauamt Freiburg, das heißt, die geplante tierexperimentelle Einrichtung wird voraussichtlich vom Steuerzahler finanziert werden.
Mit einem jährlichen „Verbrauch“ von 469.605 Tieren und damit fast 17 % der Gesamtzahl von 2,8 Millionen belegt Baden-Württemberg laut einer Auswertung der Ärzte gegen Tierversuche im Bundesländervergleich Platz Eins der Negativrangliste zu Tierversuchen. Freiburg zählt dabei mit seinen zahlreichen privaten und öffentlichen tierexperimentellen Forschungseinrichtungen bereits jetzt zu den Tierversuchshochburgen im Land.
An der Klinik für Augenheilkunde des Universitätsklinikum Freiburg beispielsweise wird an genmanipulierten Mäusen untersucht, inwieweit sich das Fehlen bestimmter Enzyme auf die Tumorenstehung und Blutgefäßbildung im Auge auswirkt. Den Mäusen werden unter Narkose mit einem Argonlaser solange Verbrennungen an beiden Augen zugefügt, bis sich Blasen bilden, um die Gefäßneubildung anzuregen. Zwei Wochen später werden unter erneuter Narkose die Augen entnommen.
Am Physiologischen Institut I der Universität Freiburg werden an genetisch veränderten Mäusen Symptome der menschlichen Schizophrenie und Depression simuliert. So wird eine Maus für sechs Minuten am Schwanz mit Klebeband an eine Stange festgeklebt. Wenn sie sich hängen lässt, gilt das als depressives Verhalten.
„Die im neuen Tierversuchslabor vorgesehene Etablierung von genetisch manipulierbaren so genannten Tiermodellen ist sowohl aus ethischer als auch aus medizinisch-wissenschaftlicher Sicht abzulehnen. So werden Krankheiten wie Depressionen beim Menschen eben nicht durch einen Gendefekt hervorgerufen, sondern durch eine Vielzahl von Faktoren beeinflusst, die sich im Versuchslabor nicht nachahmen lassen“, erläutert Dipl.-Biol. Silke Strittmatter, Sprecherin der Ärzte gegen Tierversuche. Zudem sind Genmanipulationen laut Ärzteverband für einen besonders hohen Ausschuss verantwortlich. Um ein einziges transgenes Tier zu erhalten, müssen bis zu 54 Tiere sterben, da sie nicht den gewünschten Genotyp aufweisen und entsorgt werden.
„Solange die tierexperimentelle Forschung zur vorgeblichen Erforschung menschlicher Krankheiten ausgebaut wird, werden nicht nur Tiere Opfer einer ethisch und monetär fehlgeleiteten Wissenschaft, sondern auch kranke Menschen Hoffnungen ausgesetzt, die mit Tierversuchen nicht erfüllt werden können“, so Strittmatter abschließend.