Corona-Impfstoffe: Nicht dank, sondern trotz Tierversuchen
Überflüssige Tierversuche bringen keine Sicherheit für die Menschen
Etliche Tierversuchsbefürworter behaupten, dass Tierversuche für die angeblichen Erfolge der Corona-Impfstoffe ausschlaggebend gewesen seien. Tatsächlich ist genau das Gegenteil der Fall: Die rasche Entwicklung der Corona-Impfstoffe ist der jüngste Beweis dafür, wie ineffizient und unnötig Tierversuche sind. Der bundesweite Verein Ärzte gegen Tierversuche fordert einen Paradigmenwechsel zugunsten humanrelevanter, tierversuchsfreier Methoden, damit die Entwicklung wichtiger Medikamente und Impfstoffe zukünftig schneller, sicherer und zuverlässiger erfolgen kann.
In den letzten Wochen berichteten die Hersteller von drei Impfstoffkandidaten gegen COVID-19 über erste Erfolge in großflächigen Studien mit Tausenden Menschen. Viele Experten raten zu vorsichtigem Optimismus, da es sich um vorläufige Ergebnisse handelt und die genauen wissenschaftlichen Daten noch nicht veröffentlicht sind. Dies hindert einige Tierversuchsverfechter jedoch nicht daran, den erwarteten Erfolg der Corona-Impfstoffe Tierversuchen zuzuschreiben. Bei näherer Betrachtung ist klar ersichtlich, dass diese Tierversuche nicht zur Entwicklung und Effizienz dieser Impfstoffe beigetragen haben.
Es ist gesetzlich geregelt, dass normalerweise alle Medikamenten- und Impfstoffkandidaten in einer ganzen Palette von Tierversuchen vor dem ersten Test an Menschen erprobt werden. Da die üblichen Tierversuche aber zu langwierig und erfahrungsgemäß zu unzuverlässig für die aktuelle Corona-Krisensituation sind, wurden einige Tierversuche verkürzt, übersprungen oder gleichzeitig mit den Tests an Menschen gemacht. „Die Impfstoffkandidaten des deutschen Unternehmens BioNTech und der amerikanischen Firma Moderna wurden an Affen getestet, erst nachdem Hunderte von Menschen mit den Impfstoffen injiziert wurden. BioNTech hat vier Impfstoffkandidaten an Menschen getestet und anhand der gesammelten Daten sich für den heute berühmten Impfstoffkandidaten entschieden, was die Ergebnisse der später durchgeführten Affenversuche ad absurdum führt“, erklärt Dr. Dilyana Filipova, Wissenschaftlerin bei Ärzte gegen Tierversuche. Die Impfstoffkandidaten wurden kurz vor den ersten Menschen-Studien Mäusen und Ratten verabreicht, um eine behördliche Genehmigung für die weiteren Tests an Menschen zu bekommen. Eine schützende Wirkung vor einer Infektion mit dem Coronavirus konnte jedoch nicht gezeigt werden, da sich weder Mäuse noch Ratten natürlicherweise an dem Virus anstecken. „Dass Tierversuche aufgrund veralteter Gesetze durchgeführt wurden, ist kein Beleg für deren angebliche Unerlässlichkeit und Notwendigkeit“, so die Biologin weiter.
Es ist nicht überraschend, dass man bei der Medikamenten- und Impfstoffentwicklung gegen das Coronavirus Tierversuchen keine hohe Priorität eingeräumt hat, denn ca. 95 % der Medikamente, die im Tier bestens wirken, versagen beim Menschen. Darüber hinaus gibt es nach heutigem Kenntnisstand keine andere Tierart, die die beim Menschen beobachteten komplexen COVID-19-Symptome entwickelt. „Während manche Tierversuchsbefürworter mit angstmachenden Behauptungen drohen, dass es ohne Tierversuche keinen Corona-Impfstoff geben würde, war die sehr schnelle Entwicklung mehrerer entsprechender Impfstoffe bis zum heutigen fortgeschrittenen Stadium nur deswegen möglich, weil viele der sonst üblichen Tierversuche übersprungen wurden“, sagt Filipova. Bedarf und Entwicklung tierversuchsfreier, menschenrelevanter Forschungsmethoden steigen weltweit. Zurzeit lassen sich bereits 10 menschliche Mini-Organe, sog. Organoide, bzw. Gewebe mit dem SARS-CoV-2-Virus infizieren, welche wichtige Informationen über das Verhalten des Virus im menschlichen Organismus geben. In den USA wurde kürzlich ein Programm zur Testung von Corona-Impfstoffen mittels Multi-Organ-Chips ins Leben gerufen. Auch komplexe Computermodelle werden verwendet, um die mutmaßliche Wirksamkeit anderer Arzneimittel gegen das Coronavirus zu analysieren und Impfstoffkandidaten auszuwerten. „Viele wichtige Erkenntnisse über das Coronavirus wurden in diesen Modellen gewonnen. Letztendlich basiert die Entwicklung der heute zelebrierten Impfstoffkandidaten auf solchen Methoden und Patientendaten“, so Filipova.
Weniger als 1% der öffentlichen Fördergelder in Deutschland werden in diese modernen, menschenrelevanten Methoden investiert, die restlichen über 99% fließen in Tierversuche. „Wir fordern eine Umschichtung der Fördergelder und die gesetzliche Anerkennung tierversuchsfreier Systeme als Testmethoden in der Medikamentenentwicklung statt der veralteten Tierversuche. Nur so werden wir in der Lage sein, zukünftig schneller und zuverlässiger wirksame und sichere Medikamente und Impfstoffe zu entwickeln“, sagt Filipova.
Quellen
Jarrod Bailey: A ‘shortage’ of animals for labs will help, not hinder, a COVID-19 research. Pittsburgh Post-Gazette, 18.11.2020 >>
Pfizer and BioNTech announce data from preclinical studies of mRNA-based vaccine candidate against covid-19. Pfizer, 09.09.2020 >>
Covid-19. BioNTech >>