EU-Behörde will Kältemittel an Kaninchen testen lassen
Ärzte gegen Tierversuche erheben Einspruch
Nach dem Willen der Europäischen Chemikalienbehörde ECHA soll die Chemiefirma Honeywell ein Kältemittel, das in Klimaanlagen von Autos verwendet wird, an Kaninchen testen. Der Verein Ärzte gegen Tierversuche will das zusammen mit seinen Partnerverbänden verhindern und legt jetzt wissenschaftliche und juristische Belege für die Überflüssigkeit dieses Tierversuchs vor.
Die EU-Behörde ECHA fordert von dem Chemikalienhersteller Honeywell Belgium zusätzliche Tierversuche für das Kältemittel R-1234yf (chemische Bezeichnung: 2,3,3,3,-Tetrafluorpropen oder HFO-1234yf). Doch die Firma wehrt sich und reichte Widerspruch ein.
Bei dem fraglichen Tierversuch sollen 120 Kaninchen gezwungen werden, Dämpfe des Kältemittels 90 Tage lang einzuatmen. Entweder werden die Tiere dafür täglich sechs Stunden in enge Röhren gesteckt, oder ihr Käfig wird in einen Raum mit den Gasen gestellt. Nach 90 Tagen sollen die Tiere getötet werden. In einem früheren Test an trächtigen Kaninchen waren einige der Tiere gestorben. Die Behörde will nun, dass der Test auch an nicht trächtigen Kaninchen durchgeführt wird, obwohl die Substanz bereits an Ratten geprüft wurde.
Die Europäische Koalition zur Beendigung von Tierversuchen (ECEAE), bei der die Ärzte gegen Tierversuche Mitglied sind, unterstützt den Widerspruch von Honeywell und hat heute ein 57 Seiten starkes Dokument zusammen mit einem wissenschaftlichen Gutachten bei der ECHA eingereicht. Die juristischen und fachlichen Argumente belegen, dass dieser Tierversuch unnötig ist. Die ECEAE ist bei der ECHA als einzige Tierschutzvertretung offiziell zugelassen.
»Die Entscheidung der ECHA, diesen Tierversuch zu fordern, ist gänzlich falsch und unangemessen«, erklärt Dr. med. Wolfgang Stengel, Toxikologie-Experte bei der Vereinigung Ärzte gegen Tierversuche, der an dem Gutachten mitgearbeitet hat. »Aus früheren Untersuchungen wissen wir, dass die Verstoffwechslung dieser Substanz bei Kaninchen und Menschen verschieden ist«, weiß Dr. Stengel. »Auch der immense Stress, dem die Tiere durch 90-tägige Inhalation ausgesetzt sind, würde die Ergebnisse verfälschen.« Zudem ist das Kältemittel R-1234yf, das für Auto-Klimaanlagen verwendet wird, für die Fahrer dieser Fahrzeuge ohne Risiko, da sie nicht mit der Substanz in Berührung kommen.
Laut EU-Chemikalienverordnung REACH müssen alte Chemikalien, die vor 1981 auf den Markt gekommen sind, und ebenso alle neuen Stoffe auf ihre Risiken für Mensch und Umwelt getestet werden – größtenteils in Tierversuchen. Die Vereinigung Ärzte gegen Tierversuche hält REACH generell für verfehlt, da Tierversuche nicht geeignet sind, die Sicherheit von Substanzen zu gewährleisten. Mit tierversuchsfreien Testmethoden, z.B. mit Zellkulturen, können im Gegensatz zum Tierversuch dagegen die Risiken verlässlich abgeschätzt werden. Außerdem liegen die geforderten Daten für die allermeisten Altchemikalien bereits vor.
»Wir hoffen, dass dem Einspruch des Herstellers und der ECEAE statt gegeben wird, und dass wir auf diesem Weg den qualvollen Tod der Kaninchen verhindern und so gleichzeitig einen Präzedenzfall schaffen können«, so Toxikologe Stengel abschließend.