Europäischer Tag der Depression
Tierversuche bringen keinen Fortschritt
Am 1. Oktober findet der 15. Europäische Depressionstag statt, um das öffentliche Bewusstsein für die Volkskrankheit Depression zu stärken. Der Verein Ärzte gegen Tierversuche kritisiert, dass Tierversuche im Bereich der Depressionsforschung nicht nur besonders grausam sind, sondern aufgrund mangelnder Übertragbarkeit auf den Menschen die Entwicklung wirksamer Therapien behindern.
Depressionen zählen zu den häufigsten Krankheiten in Deutschland und die Zahl der betroffenen Erwachsenen und Kinder wächst stetig. Das hat verschiedene Ursachen, z.B. gesellschaftliche Probleme oder eine verbesserte Berichterstattung, zeigt aber auch, dass es an effektiven Therapien mangelt. Der Verein Ärzte gegen Tierversuche kritisiert seit Langem, dass die Entwicklung gut wirksamer Medikamente durch den Einsatz von Tierversuchen eher behindert als gefördert wird. Gerade im Bereich der Erforschung und Therapie mentaler Erkrankungen wie z.B. Depressionen ist die Übertragung von Forschungsergebnissen aus Tierversuchen auf den Menschen von vornherein nicht gegeben.
„Im Bereich der Psychopharmaka wurde seit mehreren Jahrzehnten kein nennenswerter Fortschritt mehr erzielt. Die „Neuerungen“, welche auf den Markt kamen, waren im Wesentlichen Modifikationen bereits bekannter Substanzen“, sagt Dr. Andreas Ganz, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie und Vorstandsmitglied von Ärzte gegen Tierversuche. Den Hauptgrund für die Stagnation sieht Ganz im Einsatz von „Tiermodellen“, d.h. Tieren, bei denen Symptome einer menschlichen Erkrankung nachgeahmt werden.
So müssen beim „forcierten Schwimmtest“ Ratten oder Mäuse bis zur Erschöpfung schwimmen, um eine Depression zu simulieren. Geben die Tiere vorzeitig auf, gelten sie als depressiv. Weitere Ansätze sind Elektroschocks, ausgedehnter Nahrungsentzug mit anschließendem Präsentieren von Futter, das nicht erreicht werden kann, stundenlange Bestrahlung mit Lichtblitzen oder ausgedehnte Licht- oder Dunkelphasen. Der Verein hält solche „Tiermodelle“ nicht nur für ethisch inakzeptable, sondern auch für vollkommen ungeeignet, um eine höchstkomplexe Erkrankung wie die Depression zu erforschen.
„Methoden wie der forcierte Schwimmtest sind teilweise 40-50 Jahre alt und haben bis heute zu keinen bahnbrechenden Erkenntnissen bezüglich der Krankheits-Entstehung und -Therapie geführt.“, gibt Dr. Ganz zu bedenken. „Wie auch? Nirgendwo sonst in der Natur findet sich eine ähnlich komplex wechselwirkende Konstellation zwischen einem hochentwickelten Gehirn, einer durch menschliche Einflüsse geprägten Umwelt und einer durch den Menschen chemisch und physikalisch veränderten Umwelt wie bei der Depression.“ Facharzt Ganz kritisiert, dass wir die Herausforderungen von heute und morgen nicht mit Methoden von gestern lösen können.
Tierversuche in diesem Bereich sind nach Kenntnis der Ärzte gegen Tierversuche nicht nur wissenschaftlich fragwürdig, sondern auch besonders leidvoll und fallen oftmals unter den Schweregrad „schwer“. Laut EU-Richtlinie sind solche Versuche eigentlich zu verbieten, Deutschland hat jedoch ein Schlupfloch genutzt, und erlaubt auch diese allerschlimmsten Tierversuche.
Am 27. Oktober organisiert der Verein zum zweiten Mal den WIST-Kongress mit dem diesjährigen Schwerpunkt „Psychiatrische und neurologische Erkrankungen“. Renommierte internationale Wissenschaftler berichten dort von den Nachteilen der Tierversuche in diesem Bereich und zeigen innovative humanbasierte Forschungsmodelle auf.
Weitere Infos
Kampagne „Schwimmen bis zur Verzweiflung“ >>
Dr. Andreas Ganz: „Depressionsforschung am Scheideweg“ >>
WIST-Kongress „Wissenschaft statt Tierversuche“: www.wist-kongress.de