Größtes Tierversuchslabor Deutschlands in Berlin geplant
Ärzteverein protestiert
In Berlin soll ein riesiges neues Tierversuchslabor entstehen. In dem Neubau des Max-Delbrück-Centrums für Molekulare Medizin (MDC) soll Platz für über 64.000 Tiere geschaffen werden. Recherchen der bundesweiten Vereinigung Ärzte gegen Tierversuche zufolge wäre das Deutschlands größtes Tierversuchslabor. Der Ärzteverband schließt sich einer Protestaktion der internationalen Tierrechtsorganisation PeTA an.
Schon jetzt ist das MDC eine der größten tierexperimentellen Einrichtungen Deutschlands. Im Jahr 2010 wurden dort bereits 33.200 Mäuse und Ratten sowie 1.300 andere Tiere in Tierversuchen verwendet. Mit dem Laborneubau sollen die Kapazitäten um 17 Prozent auf 20.800 Käfige mit Platz für 64.800 Tiere erhöht werden.
»Die Zahl der im MDC zu Tode gequälten Tiere wird pro Jahr noch viel höher sein als 64.000, denn die Tiere leben meist nicht lange, so dass ein ‚Tierplatz’ mehrmals im Jahr besetzt werden kann«, erläutert Dr. med. vet. Corina Gericke, stellvertretende Vorsitzende von Ärzte gegen Tierversuche.
»Angaben zur Anzahl der Tiere, die in tierexperimentellen Einrichtungen gehalten und für Forschungszwecke missbraucht werden, sind geheim, obwohl der Steuerzahler die Tierversuche zwangsläufig mitfinanziert. Nur gelegentlich dringen einzelne Zahlen an die Öffentlichkeit, die das wirkliche Ausmaß der tierexperimentellen Forschung nur erahnen lassen«, so Gericke. Die Ärztevereinigung hat einige dieser Angaben verglichen. Das zweitgrößte Labor ist demzufolge das Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung in Braunschweig mit einer Kapazität von bis zu 35.000 Mäusen, gefolgt von einem zentralen Labor der Universität Köln mit rund 26.000 Tieren.
Im Jahr 2010 wurden in Berlin 383.527 Tiere in Tierversuchen verwendet. Fast 2,9 Millionen waren es bundesweit. Die Tierversuchszahlen steigen seit Mitte der 1990er Jahre kontinuierlich. Neue Tierversuchslabors werden überall in Deutschland gebaut – und verschlingen Millionenbeträge aus öffentlichen Geldern.
Den Trend zu immer mehr Tierversuchen hält Tierärztin Gericke für fatal. »Tierversuche sind nicht nur aus ethischen Gründen abzulehnen, sondern auch, weil man auf diese Weise kranken Menschen nicht helfen kann. Die künstlich krank gemachten Tiere in den Labors sind nicht vergleichbar mit der komplexen Situation beim Menschen. Dadurch sind die Tierversuchsergebnisse nicht übertragbar.«
Der Tierversuchsboom ist vor allem auf die Gentechnik zurückzuführen. Auch im MDC sollen vor allem genmanipulierte Mäuse in der Grundlagenforschung eingesetzt werden. »Die gentechnisch veränderte ‚Krebsmaus’ ist das beste Beispiel für das Scheitern der tierexperimentellen Genforschung«, meint Dr. Gericke. »Seit Jahrzehnten werden Krebsmäuse geheilt, doch beim Menschen funktionieren die neuen Behandlungsmethoden nicht. Der Mensch ist eben keine Maus und schon gar keine genmanipulierte«, resümiert die Tierärztin.
Die Vereinigung Ärzte gegen Tierversuche fordert von der Politik, öffentliche Gelder wie die 25 Millionen Euro, die das neue Labor des MDC kosten soll, nicht länger in eine ethisch inakzeptable und medizinisch unsinnige Forschung zu stecken. Stattdessen muss die tierversuchsfreie Forschung mit menschlichen Zellkulturen, Mikrochips und Bevölkerungsstudien ausgebaut werden.
Die Ärztevereinigung schließt sich einer Protestaktion der internationalen Tierrechtsorganisation PeTA gegen den Bau des MDC-Tierversuchslabors in Berlin an. In einer Online-Petition kann ein Brief an den regierenden Oberbürgermeister Klaus Wowereit abgeschickt werden.
Weitere Infos
Flugblatt »Tierversuche in Berlin« (PDF) >>