Schlankheitspille macht nicht schlank, aber krank
Weiterer Appetitzügler vom Markt genommen
Ab sofort dürfen Schlankmacher mit dem Wirkstoff Sibutramin EU-weit nicht mehr verkauft werden. Die Europäische Arzneimittelbehörde EMA zog den Appetitzügler aus dem Verkehr, nachdem eine Langzeitstudie mangelnden Nutzen, aber ein erhöhtes Risiko für Herz-Kreislauferkrankungen ergeben hatte. Der Verein Ärzte gegen Tierversuche warnt in seiner ‚Liste der Risikomedikamente’ seit Jahren vor Sibutramin-haltigen Arzneimitteln.
»Die aktuelle Marktrücknahme ist ein weiterer Beweis für die Unzuverlässigkeit der Methode ‚Tierversuch’«, erläutert Dr. med. vet. Corina Gericke, wissenschaftliche Mitarbeiterin bei Ärzte gegen Tierversuche. Zur Prüfung der Sicherheit und Wirksamkeit von Medikamenten werden routinemäßig Tierversuche durchgeführt. »Doch solange man sich bei der Arzneimittelprüfung und –zulassung auf Ergebnisse aus Tests an Mäusen, Ratten, Kaninchen, Hunden, Affen und anderen Tieren verlässt, werden Menschen weiterhin einem unkalkulierbaren Risiko ausgesetzt«, so die Tierärztin weiter.
Die Ärztevereinigung kritisiert zudem, dass zur Rechtfertigung von Tierversuchen oft die Entwicklung neuer Medikamente gegen unheilbare Krankheiten vorgeschoben würde. »Tatsächlich geht es der Pharmaindustrie aber nicht vorrangig um die Heilung von kranken Menschen, sondern um den Profit und den kann man mit Lifestyle-Pillen am ehesten erzielen«, so Gericke weiter.
Eine fünf Jahre währende Studie hatte ergeben, dass Sibutramin mehr schadet als nutzt. Das Mittel verringert das Gewicht der Patienten nur geringfügig, führt aber nicht zur Senkung der Häufigkeit der Schlaganfälle und Herzinfarkte, dem eigentlichen Ziel. Im Gegenteil: bei langfristiger Anwendung erhöhte sich sogar das Risiko von Herz-Kreislauferkrankungen.
Mit der jetzt erfolgten Marktrücknahme reiht sich Sibutramin, das unter den Markennamen Reductil®, Zelium® oder Reluxade® vertrieben wird, in die lange Liste der Gewichtsreduktionsmittel, die wegen fehlender Wirkung und schwerwiegender, oft tödlicher Nebenwirkungen, verboten wurden. Bereits in den 1960er und 70er Jahren riefen Aminorex und Cloforex tödlichen Lungenhochdruck hervor und wurden zurückgezogen. Pentorex folgte 1983 wegen Herzrhythmusstörungen. Im Jahr 1997 verschwanden Fenfluramin und Dexfenfluramin vom Markt, nachdem lebensbedrohliche Herzklappenschäden festgestellt worden waren. Wegen lebensbedrohlichem Lungenhochdruck erfolgte im Jahr 2001 die Rücknahme von Amfepramon, Mefenorex und Norpseudoephedrin. Im Jahr 2008 wurde Rimonabant die Zulassung entzogen, da es Depressionen und Selbsttötungen verursachte.