Schritt in die richtige Richtung
Baden-Württemberg führt Tierschutzverbandsklage ein
Die bundesweiten Vereine Bund gegen Missbrauch der Tiere und Ärzte gegen Tierversuche begrüßen das aktuell vom Landtag Baden-Württemberg verabschiedete Gesetz der Tierschutzverbandsklage, kritisieren jedoch insbesondere, dass im Bereich der Tierversuche nur die weniger wirkungsvolle Feststellungsklage verankert wurde.
Das Gesetz räumt anerkannten Tierschutzverbänden künftig ein Mitwirkungs- und Klagerecht ein, um tierschutzrelevante Behördenentscheidungen erforderlichenfalls gerichtlich überprüfen zu lassen. Bislang war es nur Tiernutzern möglich, ihre Rechte vor Gericht einzuklagen, nun können anerkannte Tierschutzvereine stellvertretend für die Tiere Rechte einfordern.
Allerdings hat das Gesetz deutliche Schwächen und Beschränkungen. So hatten die Vereine Bund gegen Missbrauch der Tiere und Ärzte gegen Tierversuche auch für den Bereich der Tierversuche das Rechtsmittel der Anfechtungs- und Verpflichtungsklage eingefordert. Das Gesetz sieht bei Tierversuchen jedoch nur die Feststellungsklage vor und ermöglicht das Eingreifen erst nachdem die Genehmigung bereits erteilt ist, ein Tierversuch also nicht mehr verhindert werden kann. Beide Verbände kritisieren, dass rechtswidrige Behördenentscheidungen somit nicht unmittelbar durch das gerichtliche Urteil korrigiert werden können.
Diese erhebliche rechtliche Einschränkung exklusiv für den Bereich Tierversuche erfolgte nicht zuletzt auf Druck des grünen Wissenschaftsministeriums. So stellte Wissenschaftsministerin Bauer kürzlich in einer Sitzung des Wissenschaftsausschusses in Frage, ob die Verbandsklage überhaupt vereinbar sei mit den Interessen der Wissenschaftler. Forschende Institutionen hätten zahlreiche Wünsche an sie herangetragen, wofür nun Regelungen gefunden worden seien, unter anderem durch Reduktion des Klagerechts auf die Feststellungsklage. Die Ministerin betonte, dass dieser Weg wissenschaftsfreundlich ist, da Versuche ohne Verunsicherung und zeitliche Verzögerung durchgeführt werden können und man sich den Forschungsstandort Baden-Württemberg nicht in Misskredit bringen lasse. Das Gesetz würde einen sicheren Rechtsrahmen für die Forscher setzen. Der Bund gegen Missbrauch der Tiere und die Ärzte gegen Tierversuche sind entsetzt, dass die grüne Ministerin den Forschern nach dem Mund redet.
Eine weitere deutliche Einschränkung gibt es bei Vorhaben zur Haltung von landwirtschaftlichen Nutztieren. Hier gelten die Mitwirkungs- und Informationsrechte nur bei sehr großen Tierplatzzahlen, so dass für die allermeisten Vorhaben in der Landwirtschaft die Tierschutzverbände weiterhin keine Mitwirkungsrechte haben.
Bundesweit einmalig ist, dass die anerkannten Tierschutzverbände in Baden-Württemberg ein gemeinsames Büro einrichten müssen, um als zentraler Ansprechpartner den Behörden die Umsetzung der gesetzlichen Verpflichtung zur Beteiligung der Vereine zu erleichtern.
Nach Ansicht der Vereine ist das Tierschutzverbandsklagegesetz zwar ein Schritt in die richtige Richtung, wird jedoch dem sowohl in der Landesverfassung als auch im Grundgesetz verankerten Tierschutz bei Weitem nicht gerecht, da nach wie vor den Interessen der Tiernutzer mehr Gewicht gegeben wird.