Teilerfolg: Bald weniger Tieropfer für Langzeitkrebstest
Der internationale Zusammenschluss von Zulassungsbehörden für Humanarzneimitteln ICH* hat bekannt gegeben, eine Testvorschrift dahingehend zu überarbeiten, dass weniger Tiere getötet werden. Normalerweise werden die krebsauslösenden Eigenschaften von Medikamenten in einem zwei Jahre dauernden Test an Ratten und Mäusen untersucht. Den Tieren wird die Substanz täglich mit dem Futter verabreicht. Nach zwei Jahren werden die Tiere getötet, um festzustellen, ob sich Tumore entwickelt haben. Für einen einzigen Test sterben rund 600 Ratten oder Mäuse.
Künftig soll nun unter anderem anhand bereits vorliegender Daten, Ergebnissen aus In-vitro-Studien als auch aus anderen Tierversuchen die krebsauslösende Wirkung von Substanzen beurteilt werden.
Der herkömmliche Langzeit-Tierversuch wird allerdings für eine Übergangszeit weiterhin von den Arzneimittelbehörden verlangt, um die Ergebnisse auf Übereinstimmung zu untersuchen. Wenn sich dies als erfolgreich erweist, sollen rund 40 % der Tiere eingespart werden können. Eine endgültige Entscheidung, wie die Testung auf krebsauslösende Substanzen künftig aussehen wird, ist nicht vor 2017 zu erwarten.
Die Ärzte gegen Tierversuche begrüßen zwar jeden Schritt, der Tiere vor einem grausamen und unsinnigen Labortod bewahrt, kritisieren jedoch, dass - trotz bekannter fehlender Übertragbarkeit - noch immer am Tierversuch festgehalten wird und sich die Ergebnisse aus aussagekräftigen, tierversuchsfreien Studien am veralteten und unzuverlässigen Tierversuch messen lassen müssen.
Abgesehen von der ethischen Unvertretbarkeit der Tierversuche, stellten Wissenschaftler in einer Studie bereits 1983 fest, »man könne eher eine Münze werfen, als sich bei der Frage nach möglichen krebsauslösenden Eigenschaften eines Stoffes auf Tierversuche zu verlassen«. Der Ärzteverein fordert aus diesen Gründen eine gänzliche Abkehr vom Tierversuch hin zu einer tierversuchsfreien Forschung und Wissenschaft des 21. Jahrhunderts, die auf Forschung an menschlichen Tumorzellen sowie Computersimulationen und Biochips, die die Wirkung einer Substanz im Menschen detailliert darstellen können, basiert.
Der Ärzteverein ist über seinen Dachverband, der Europäischen Koalition zur Beendigung von Tierversuchen, ECEAE, auch in ICAPPP** involviert. Dieser Zusammenschluss von Tierversuchsgegnerorganisationen aus Europa, Amerika und Japan hat einen offiziellen Expertenstatus bei der ICH und wird darauf drängen, dass die überarbeitete Vorschrift ohne Übergangsfrist in Kraft tritt.
* The International Conference on Harmonisation of Technical Requirements for Registration of Pharmaceuticals for Human Use
** International Council on Animal Protection in Pharmaceutical Programs