Uni Osnabrück darf Mäuse nicht töten
- Pressemitteilung
Ärzte gegen Tierversuche begrüßt Gerichtsurteil
Eine Forschergruppe der Universität Osnabrück wollte herausfinden, ob es für Mäuse stressiger ist, am Schwanz oder in einer Röhre hochgehoben zu werden und wollte dafür 128 Mäuse töten, um ihre Organe zu wiegen. Die zuständige Behörde lehnte die Genehmigung ab – die Uni zog vor Gericht. Das Verwaltungsgericht Osnabrück bestätigte nun die Ablehnung der Behörde, sodass die Mäuse nicht getötet werden dürfen. Der bundesweite Verein Ärzte gegen Tierversuche (ÄgT) spricht von einem wegweisenden Urteil, denn Rechtsprechungen im Bereich Tierversuche fallen bisher nur äußerst selten zugunsten der Tiere aus.
Bereits im August 2022 beantragte die Universität Osnabrück beim Niedersächsischen Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (LAVES) die Genehmigung für einen Tierversuch mit 192 Mäusen, bei dem zwei Arten, eine Maus hochzuheben, miteinander verglichen werden sollten. Bei der am häufigsten eingesetzten Methode, dem sogenannten Schwanzhandling, wird die Maus am Schwanz angefasst. Beim Röhrenhandling wird die Maus in eine Röhre geleitet und so hochgehoben. Die Antragsteller gingen von einer größeren Stressbelastung beim Schwanzhandling aus. Von den 192 Mäusen sollten anschließend 128 Tiere getötet werden, um die Organe zu wiegen, was Rückschlüsse auf den Stressgrad erlauben sollte.
Das LAVES erlaubte den Versuch, allerdings nicht die Tötung der Tiere. Als Begründung wurde angeführt, dass es unklar sei, ob durch die Organgewichtsbestimmung ein wesentlicher Unterschied in der Stressbelastung festgestellt werden könne. Der zu erwartende Erkenntnisgewinn würde den maximalen Schaden, also die Tötung der Tiere, nicht rechtfertigen. Im Januar 2023 erhob die Uni Klage gegen den ablehnenden Bescheid, der nun vom Verwaltungsgericht Osnabrück zurückgewiesen wurde. Die Uni müsse darlegen, weshalb der beantragte Versuch und die Tötung der Tiere zum Erreichen des Versuchszwecks unerlässlich seien. Dieser Nachweis würde aber fehlen. Das Urteil (2 A 51/23) ist noch nicht rechtskräftig und kann binnen eines Monats vor dem Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht angefochten werden.
„Dass allein schon das Hochheben von Mäusen zu massiven Stressreaktionen führt, ist schon lange bekannt. Der Puls rast, der Blutdruck steigt, die Stresshormone schnellen in die Höhe, was von vornherein zur Verfälschung der Versuchsergebnisse führt (1)“, weiß Dr. med. vet. Corina Gericke, Vizevorsitzende von Ärzte gegen Tierversuche. „128 Mäuse sollten für die völlig überflüssige Erkenntnis getötet werden, ob das eine Handling schlimmer ist als das andere.“
Dass die Behörde die Genehmigung versagt hat und das Gericht dieser Einschätzung gefolgt ist, wertet der Ärzteverein als wegweisend. „Leider haben solche Entscheidungen zugunsten der Tiere Seltenheitswert“, kommentiert Gericke. Die Ablehnungsquote von Tierversuchsanträgen liegt Recherchen des Vereins zufolge bundesweit bei gerade einmal 1 Prozent (2). Einer Statistik der EU zufolge sogar bei 0% (3). Gerichtsentscheidungen gegen Ablehnungsbescheide sind entsprechend noch seltener. Prominentes Negativbeispiel sind die invasiven Affenhirnexperimenten an der Universität Bremen. Diese wurden im Jahr 2008 durch die Genehmigungsbehörde abgelehnt, aber nach jahrelangem Rechtsstreit gab das Oberverwaltungsgericht Bremen dem Experimentator Recht, d.h., er durfte mit seinen quälerischen Versuchen fortfahren (4). Ende November 2023 lehnte die Behörde einen Neuantrag der immer gleichen Affenversuche erneut ab, doch das Bremer Verwaltungsgericht erlaubte aktuell die Fortführung der Versuche, wenn auch mit Einschränkungen (5).
Weitere Infos und Quellen
(1) Balcombe J.: Laboratory routines cause animal stress. Contemporary Topics in Laboratory Animal Science 2004; 43: 42-51
(3) European Commission: Report from the Commission to the European Parliament and the Council, 05.02.2020
(4) Strittmatter S.: Hirnforschung an Affen. Ärzte gegen Tierversuche, 19.04.2024 >>