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Rund 90 % der Affenversuchen in Deutschland werden in Nordrhein-Westfalen durchgeführt. Im Jahr 2022 waren es 1.970 von insgesamt 2.267 Affen. Verantwortlich dafür ist vor allem die Firma Lapcorp (ehemals Covance). Sie ist damit der größte „Affenverbraucher“ Deutschlands!

Eines der weltweit größten Auftragsforschungsinstitute mit Niederlassungen in 20 Ländern firmierte jahrzehntelang unter dem Namen Covance Inc. 2014 wurde der Konzern für 6,1 Milliarden US-Dollar von Laboratory Corporation of America Holdings (kurz LabCorp) erworben (1), der Name Covance blieb zunächst erhalten. Im Jahr 2021 erfolgte eine Umbenennung in Labcorp Drug Development

Die Filiale in Münster hat sich auf Fortpflanzungs-Giftigkeitstests an Affen spezialisiert. Schwangeren Affen werden Arzneimittel oder Chemikalien oft täglich mit einem Schlauch in den Magen gepumpt oder in die Blutbahn injiziert, um die Auswirkung auf ihren Nachwuchs zu beobachten. Die Folge können Totgeburten oder Missbildungen sein. Die Substanzen werden auch männlichen Affen verabreicht, um ihre Zeugungsfähigkeit zu testen. Solche Giftigkeitsprüfungen an unseren nächsten Verwandten sind ethisch nicht zu rechtfertigen und wissenschaftlich unsinnig, da die Ergebnisse nur etwas über die Reaktion der Affen aussagen, aber keine Vorhersage für den Menschen zulassen.

Der lange Leidensweg der Affen

Im Jahr 2022 wurden in Deutschland Versuche an 2.267 Affen durchgeführt, davon 7 an Halbaffen, 262 an Marmosetten (z.B. Weißbüscheläffchen), 1.905 an Langschwanzmakaken (auch Javaneraffen genannt), 85 an Rhesusaffen, 5 an Pavianen und 3 an Totenkopfäffchen. Davon wurden 63 „zu wissenschaftlichen Zwecken getötet“, d.h., getötet, ohne vorher im Tierversuch gewesen zu sein. 226 Affen wurden aus dem Vorjahr erneut eingesetzt, so dass 1.978 Tiere neu hinzukamen (2).

Rund 86% dieser Tiere, nämlich 1.703 Affen stammten von außerhalb Europas (2). Dabei handelte es sich ausschließlich um Langschwanzmakaken (Macaca fascicularis). Hauptexporteure von Langschwanzmakaken sind verschiedene asiatische Länder und Mauritius. Die Tiere werden in strukturlosen Massenkäfigen gehalten und für den Verkauf an die Tierversuchsindustrie vermehrt.

Auf den Langstreckenflügen zu Zwischenhändlern und schließlich zu den Laboren in den USA und Europa, auch Deutschland, leiden die Tiere Hunger, Durst, Angst und Stress.  Aufgrund jahrelanger weltweiter Proteste von Tierschutzseite stiegen fast alle Passagierfluggesellschaften aus dem grausamen Geschäft aus. Nur Air France versorgte noch jahrelang die Tierversuchsindustrie mit Nachschub, bis auch diese Fluglinie im Juni 2023 angab, keine Affen mehr zu transportieren (3). Das schmutzige Geschäft wird inzwischen von Cargo-Airlines bedient.

Der Handel mit den Affen fürs Versuchslabor hat wesentlich dazu beigetragen, dass die ganze Art inzwischen stark gefährdet ist. So stuft die Weltnaturschutzorganisation IUCN (International Union for Conservation of Nature) Langschwanzmakaken seit 2022 als vom Aussterben bedroht ein (4). 

Der größte Affenverbraucher Deutschlands

Den offiziellen Angaben für 2022 zufolge musste der allergrößte Teil der erstmals und erneut verwendeten Affen (1.957 von 2.2.67 Affen / 91,6 %) für regulatorische Tests, d.h. Giftigkeitsprüfungen, leiden (2). Es ist davon auszugehen, dass diese Versuche ausschließlich bei Lapcorp stattfanden. Dafür spricht auch der Bundesländervergleich. Denn von 1.957 für regulatorische Zwecke verwendeten Affen wurden 1.933 in Nordrhein-Westfalen gezählt (5).

 

Affen im Versuch
bundesweit

Regulatorische Versuche
an Affen bundesweit

Affen im Versuch in NRW

Regulatorische Versuche
an Affen in NRW

2022

2.267

1.957

1.970

1.933

2021

1.915

1.705

1.673

1.657

2020

2.111

1.834

1.811

1.780

Tabelle: Anzahl Affen im Tierversuch in Deutschland und NRW im Jahresvergleich. Die Anzahl bezieht sich auf erstmals + erneut verwendete Tiere im Tierversuch sowie „zu wissenschaftlichen Zwecken getötete“ Affen (2,5).

 Grafik Anzahl Affen in Tierversuchen in Deutschland und NRW
Grafik: Gesamtzahl der Tierversuche an Affen in Deutschland und NRW im Jahr 2022 im Vergleich zu der Anzahl Affen in regulatorischen Versuchen. Die Grafik zeigt, dass fast alle regulatorischen Tests an Affen in NRW stattfinden (2,5). 

Bilder des Grauens

Im Jahr 2003 brachte eine Undercover-Recherche der Organisationen BUAV und R&D die grausame Realität des Laboralltags bei (damals) Covance in Münster ans Tageslicht. Die in der ZDF-Sendung Frontal 21 ausgestrahlten Bilder zeigten schwer verhaltensgestörte Affen in winzigen Käfigen, qualvolle Giftigkeitsversuche und brutale Behandlung durch das Personal (6). Der öffentliche Aufschrei war gewaltig. Die Firma ging gerichtlich gegen die Veröffentlichung des Bildmaterials vor, musste sich letztendlich geschlagen geben, da das Gericht die Presse- und Meinungsfreiheit als höher einstufte als das Interesse des Konzerns. Ärzte gegen Tierversuche und andere Organisationen stellten Strafanzeige wegen Verstoßes gegen das Tierschutzgesetz, die allerdings trotz eindeutiger Belege im März 2004 eingestellt wurde (7).

Auch von Labcorp selbst in Fachzeitschriften veröffentliche Artikel belegen den tierquälerischen Umgang mit den sensiblen Primaten. Affen wurden oft wochenlang einzeln in 60x60x90 cm kleinen Käfigen gehalten (8,9). Allein das ist für die bewegungsaktiven und sozialen Tiere eine Tortur. Affen, die in den Giftigkeitsprüfungen nicht durch das Gift sterben, werden getötet. Am Ende steht immer der Tod! 

15.08.2024
Dr. med. vet. Corina Gericke

Quellen

  1. Wikipedia: Covance (abgerufen am 15.08.2024)
  2. Bf3R: Verwendung von Versuchstieren im Jahr 2022 >> (abgerufen am 15.08.2024)
  3. Air France benennt Ende der Affentransporte. Ärzte gegen Tierversuche, Pressemitteilung, 02.07.2022 (abgerufen am 15.08.2024)
  4. Häufigste im Tierversuch verwendete Affenart gilt als vom Aussterben bedroht. Ärzte gegen Tierversuche, Pressemitteilung, 20.09.2023 (abgerufen am 15.08.2024)
  5. BfR: Aufstellung der Versuchstierzahlen für 2022, aufgeschluesselt nach Bundeslaendern und der Bundeswehr
  6. YouTube: Tierversuchslabor Covance (abgerufen am 15.08.2024)
  7. Strafanzeige gegen Tierversuchslabor Covance. Ärzte gegen Tierversuche, News, 21.09.2003 (abgerufen am 15.08.2024
  8. Marc O. Niehoff et al.: Effects of social housing of sexually mature male cynomolgus monkeys during general and reproductive toxicity evaluation. Reproductive Toxicology 2010: 29; 57-67
  9. C.M. Luetjens et al.: Functional assessment of sexual maturity in male macaques (Macaca fascicularis). Regulatory Toxicology and Pharmacology 2012: 63; 391-400