Bundesländervergleich 2010
Negativ-Rangliste zu Tierversuchen
Allein in den drei Bundesländern Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen und Berlin findet fast die Hälfte aller Tierversuche in Deutschland statt. Die bundesweite Vereinigung Ärzte gegen Tierversuche zeigt in ihrer aktuellen Deutschlandübersicht, in welchen Bundesländern die meisten Tiere zu Forschungszwecken verbraucht werden.
»Bundesweit nimmt Baden-Württemberg mit über 560.000 Tieren, was rund 20 % der Gesamtzahl von 2,9 Millionen Tieren entspricht, die Spitzenposition in Sachen grausamer und rückschrittlicher Forschung ein«, kommentiert Dipl.-Biol. Silke Bitz, wissenschaftliche Mitarbeiterin des Ärztevereins. Unter anderem werden an drei Tübinger Instituten noch immer Hirnversuche an Affen durchgeführt, wie sie in anderen Bundesländern längst nicht mehr gestattet werden, da die Behörden sie als ethisch nicht vertretbar beurteilen. Am Mannheimer Zentralinstitut für Seelische Gesundheit werden an Ratten Veränderungen im Gehirn bei Essstörungen untersucht. Die Tiere müssen solange hungern, bis sie 45% ihres Gewichts verloren haben.
Platz zwei der Negativ-Rangliste belegt nach aktueller Statistik aus 2010 Nordrhein-Westfalen mit über 15 % Tierverbrauch bzw. 440.960 Tieren. Berlin kommt mit gut 13 % bzw. 383.527 Tieren im selben Jahr an dritter Stelle. Die nordrhein-westfälische Landeshauptstadt Düsseldorf ist nach Aussage der Ärztevereinigung besonders berüchtigt für qualvolle zahnmedizinische Tierversuche an Beaglehunden sowie neurologische Forschung an Ratten. Beispielsweise wird hier an Ratten der Zusammenhang zwischen dem männlichen Geschlechtshormon Testosteron und Depression getestet. Die Tiere müssen in einem Wasserbassin schwimmen. Eine Ratte, die aufgibt und sich treiben lässt, wird als depressiv gewertet. Das Berliner Max-Delbrück-Centrums für Molekulare Medizin (MDC) ist schon jetzt eine der größten tierexperimentellen Einrichtungen Deutschlands. Mit einem aktuell geplanten Laborneubau sollen die Kapazitäten noch weiter erhöht werden.
Mit fast 12 % bzw. 333.729 Tieren liegt Bayern auf dem vierten Platz im Bundesvergleich. Am Institut für Pharmakologie und Toxikologie der Münchner Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) werden bei Ratten durch Stromstöße in das Gehirn epileptische Anfälle ausgelöst, um ein Epilepsiemittel zu testen, das seit über 100 Jahren beim Menschen erfolgreich im Einsatz ist.
Im Jahr 2010 wurden laut Statistik des Bundeslandwirtschaftsministeriums in Deutschland fast zwei Millionen Mäuse (69%), mehr als 442.000 Ratten (16%), rund 166.000 Fische (5,8%), etwa 106.000 Vögel, 2.789 Affen, 805 Katzen, 3.004 Hunde und Tiere vieler weiterer Tierarten im Namen der Wissenschaft getötet. Über 4.000 der in Deutschland durchgeführten Tierexperimente dokumentieren die Ärzte gegen Tierversuche auf Basis von in Fachzeitschriften veröffentlichten Artikeln in ihrer Internetdatenbank.
Der Verein setzt sich seit über 30 Jahren für eine fortschrittliche Medizin und Wissenschaft ein, die im Sinne von Mensch und Tier auf einem rein tierversuchsfreien System basieren muss. Kombinationen aus Tests an Zellkulturen, Computersimulationen und gefahrlosen Untersuchungen am Menschen, wie bildgebende Verfahren, liefern im Gegensatz zum Tierversuch aussagekräftige Ergebnisse für die Humanmedizin.