Bundesländervergleich - Negativ-Rangliste zu Tierversuchen
Nordrhein-Westfalen, Bayern und Baden-Württemberg belegen die ersten drei Plätze auf der der Negativ-Rangliste zu Tierversuchen im Bundesländervergleich 2023. Trotz eines leichten Rückgangs in der Gesamtzahl der erfassten Tiere im Vergleich zum Vorjahr bleibt die Zahl erschreckend hoch. Insbesondere die Zahl der sogenannten Überschusstiere, die für Tierversuche gezüchtet, aber nicht verwendet und getötet wurden, ist im Vergleich zu 2022 um 22 % gesunken. Ob tatsächlich über ein Fünftel weniger Tiere als „Überschuss“ getötet wurden, oder ob die Tiere nur nicht mehr in der Statistik auftauchen, etwa weil die Zucht nun bei Firmen erfolgt, die ihre Tierzahlen nicht melden müssen, ist unklar.
2023 wurden von den bundesweit insgesamt 3.501.693 Tieren 2.128.520 in Tierversuchen oder zur Organentnahme verwendet, starben also für Versuchszwecke. Diese setzen sich zusammen aus 1.456.562 in Tierversuchen eingesetzten Tieren und 671.958 zu „wissenschaftlichen Zwecken“ wie der Organentnahme getöteten Tieren. Hinzu kommen 1.373.173 Tiere, die mangels Verwendungszwecks aus wirtschaftlichen Gründen als „Überschuss“ getötet wurden. Ausführliche Informationen zu diesen „Überschusstieren“ ist hier zu finden.
Die traurige Führungsposition der Negativ-Rangliste zu Tierversuchen im Bundesländervergleich hat aktuell Nordrhein-Westfalen mit 646.513 Tieren und damit 18,46 % der deutschlandweiten Gesamtzahl von 3.501.693 Tieren eingenommen. Auf dem zweiten Platz liegt nur knapp dahinter Bayern mit einem Anteil von 645.381 Tieren bzw. 18,43 %, gefolgt von Baden-Württemberg mit 513.032 Tieren bzw. 14,65 %. Hessen belegt mit 339.353 Tieren bzw. 9,69 % Rang vier der Negativ-Statistik, dicht gefolgt von Berlin mit 338.383 Tieren (9,66 %) und Sachsen mit 235.654 Tieren (6,73 %).
Von den bundesweit 1.733 Affen mussten 1.479 in nordrhein-westfälischen Laboren leiden. Weitere 129 Affen wurden in Niedersachsen und 107 Affen in Baden-Württemberg eingesetzt. Der Großteil der Affen (1.493) wurde für regulatorische Zwecke wie Giftigkeitsprüfungen verwendet. Die meisten Affen gehen auf das Konto der Firma Labcorp (ehemals Covance) in Münster, dem größten Affenverbraucher Deutschlands. 33 Affen wurden in der sogenannten Grundlagenforschung eingesetzt. Obwohl an der Universität Bremen seit 1997 Affenhirnversuche stattfinden, sind in der Statistik für dieses Bundesland - wie bereits in den Jahren zuvor - keine Affen gelistet.
Bundesweit waren 738.066 der Tiere bzw. etwa 51 % gemessen an den 1.456.562 in Tierversuchen verwendeten Tieren, gentechnisch verändert. Betroffen sind hauptsächlich Mäuse und Fische. Die Genmanipulation ist mit besonders hohem „Ausschuss“ an Tieren verbunden, da ein Großteil der Tiere nicht die vom Experimentator gewünschte Genveränderung trägt. Entsprechend waren 78 % der 1.373.173 als „Überschuss“ getöteten Tiere gentechnisch verändert.
Bundesweit wurden 50.741 Tiere (3,5 %) Versuchen mit dem Schweregrad „schwer“ zugeordnet. Dabei entfielen im Bereich Verwendung zu regulatorischen Zwecken und Routineproduktion 8,1 % auf die Kategorie „schwer“. Anzumerken ist, dass standardmäßig der Experimentator selbst den Schweregrad angibt und das Leid oft heruntergespielt wird.
2023 wurden in Deutschland 852.209 Tiere (58,5 %) in der Grundlagenforschung verforscht. Mit 202.237 Tieren (23,73 %) hat Nordrhein-Westfahlen die meisten der bundesweit in diesem Bereich verwendeten Tiere eingesetzt, gefolgt von Bayern mit 145.952 Tieren (17,13 %), Baden-Württemberg mit 114.132 Tieren (13,39 %) und Sachsen mit 94.167 Tieren (11,05 %).
Bei den sogenannten Überschusstieren haben Nordrhein-Westfalen mit 252.405 Tieren (18,38 %), Bayern mit 239.533 Tieren (17,44 %) und Berlin mit 205.292 Tieren (14,95 %) die höchsten Tierzahlen im Ländervergleich gemessen an der bundesweiten Gesamtzahl von 1.373.173 sog. Überschusstieren. Im Verhältnis zur jeweiligen Tierzahl im Land sticht Berlin mit 60,67 % (205.292Tiere) Anteil an sog. Überschusstieren hervor. Das bedeutet, dass in Berlin mehr Tiere ohne tatsächliche „Verwendung“ als „Überschuss“ getötet werden, als in Tierversuchen und bei der Tötung zu wissenschaftlichen Zwecken zusammen. Im Saarland sind es 49,69 % (16.596 „Überschusstiere“), in Sachsen 46,31 % (109.132 „Überschusstiere“).
Nordrhein-Westfalen
Nordrhein-Westfalen nimmt seit Jahren einen der vorderen Ränge in der bundesweiten Negativ-Rangliste ein. 646.513 Tiere (18,46 %) gehen auf das Konto der dort ansässigen Labore.
Die amerikanische Firma Labcorp (ehemals Covance) hat sich mit seiner Filiale in Münster auf Giftigkeitstests bei schwangeren Affen spezialisiert. Da 2023 fast alle in Nordrhein-Westfalen „verbrauchten“ Affen (1.454 von 1.479 Tieren) für regulatorische Tests, zu denen auch die Prüfung auf Giftigkeit einer Substanz gehört, verwendet wurden, ist davon auszugehen, dass das Leid dieser Tiere in Münster stattgefunden hat. Leider gibt es in Nordrhein-Westfalen noch immer Städte, die in einer Zeit, in der moderne tierversuchsfreie Methoden aufgrund ihrer Vorteile zunehmend an Bedeutung gewinnen, auf Methoden des vorletzten Jahrhunderts setzen. So wird derzeit an der Bielefelder Universität eine neue Medizinische Fakultät gebaut, die eine Fläche von 3.200 qm für die Haltung von „Versuchstieren“ vorsieht.
Bayern
Auf dem zweiten Platz der Negativ-Rangliste liegt mit 645.381 Tieren und somit 18,43 % der bundesweiten Gesamttierzahl von 3.501.693 Bayern. In Augsburg wurden bislang keine Tierversuche durchgeführt. Doch jetzt wird das Klinikum umgebaut. Was eine Modernisierung sein soll, ist aber zumindest im Forschungsbereich ein großer Rückschritt. Denn es werden auch Tierställe für „Versuchstiere“ gebaut.
In den letzten Jahren sind allein in München drei Tierversuchslabors mit Haltungskapazitäten für rund 100.000 Mäuse und andere Tiere entstanden. An der Ludwigs-Maximilians-Universität München (LMU) finden noch immer grausame Xenotransplantationsversuche statt, bei denen Herzen genmanipulierter Schweine in die Bauchhöhle von Pavianen verpflanzt werden. Die Tiere sterben nach Minuten oder wenigen Tagen qualvoll an Organversagen aufgrund der Abstoßungsreaktion des Körpers.
Forscher aus Regensburg waren unrühmliche Gewinner des Preises für den absurdesten Tierversuch 2024 mit Experimenten, bei denen Mäusen durch Elektroschocks Angst vor Artgenossen beigebracht wurde.
Baden-Württemberg
Auch Baden-Württemberg trägt mit einem Anteil von 513.032 Tieren bzw. 14,65 % an der Gesamttierzahl zur unethischen und unwissenschaftlichen tierexperimentellen Forschung bei und belegt damit Negativ-Platz drei.
In Tübingen müssen weiter Affen für die Hirnforschung leiden, obwohl Studien belegen, dass sich das Gehirn von Affen stark vom menschlichen Gehirn unterscheidet. 2022 ist es unserem Verein gelungen, das amtlich dokumentierte schwerstes Leid der Affen, das aus internen Informationen hervorgeht, öffentlich zu machen, was bundesweit für Aufsehen gesorgt hat.
Stand: 16.01 2025
Dipl. Biol. Silke Strittmatter / Dr. rer. nat. Johanna Walter
Weitere Informationen
- Übersichtstabelle Bundesländervergleich 2018-2023 als PDF >>
- Stellungnahme 02.08.2021: 4 Millionen Tiere als „Überschuss“ in Tierversuchslaboren getötet: Neue Auswertung zu „überschüssigen“ Tieren in den Bundesländern >>
- Tierversuchsstatistik 2023 und vergangener Jahre >>
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- BfR - Deutsches Zentrum zum Schutz von Versuchstieren: Verwendung von Versuchstieren im Berichtszeitraum 2023 (für die Bundesländer-Statistik ganz nach unten scrollen) >>