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Tiere leiden für finanzielle Interessen

Coronavirus bezogene Forschungsförderung finanziert zu großem Teil Tierversuche

Deutschland stellt 305 Millionen Euro außerplanmäßig für Forschungsförderung um das neue Coronavirus frei. Während ein Teil der Fördermittel für Tierversuche ausgegeben wird, ist nicht klar, ob und zu welchem Anteil die Entwicklung und Anwendung moderner tierversuchsfreier In-vitro-Verfahren wie menschliche Organoide gefördert werden. Der bundesweite Verein Ärzte gegen Tierversuche erkundigte sich nach der Aufteilung der Gelder und erhielt nur unbefriedigende Antworten. Der Verein kritisiert die fehlende Transparenz und den Geldstrom öffentlicher Gelder in teure und langwierige Tierversuche als ethisch und wirtschaftlich unverantwortlich für Mensch und Tier.

Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) hat angekündigt, dass es angesichts der aktuellen COVID-19-Notsituation zusätzliche Fördermittel sowohl für die Erforschung des SARS-CoV-2 Virus, als auch für die Entwicklung und Testung von Medikamenten und Impfstoffen zur Verfügung stellt. Das Coronavirus kann weder die üblichen „Labortiere“ infizieren, noch bei anderen Tierarten einen schweren Krankheitsverlauf wie bei Menschen hervorrufen. Trotzdem gibt es starke Hinweise darauf, dass ein großer Teil dieser Sonderfördergelder in Tierversuche fließen.

Ein Großteil dieser Sonderförderung, nämlich 145 Millionen Euro, werden der internationalen Impfstoff-Initiative CEPI (Coalition for Epidemic Preparedness Innovations) gegeben (2). CEPI ist eine öffentlich-private Partnerschaft, die sowohl mit staatlichen Förderern als auch mit privaten Stiftungen und Unternehmen zusammenarbeitet. Sie koordiniert und fördert ein breites Spektrum von Projekten zur Entwicklung diverser Impfstoffe und Impfstofftechnologien. Auf Anfrage von Ärzte gegen Tierversuche konnte CEPI keine Angaben darüber machen, zu welchem Anteil die COVID-19-Fördermittel für Tierversuche oder für tierversuchsfreie Verfahren benutzt werden. Da Tierversuche in der Regel viel teurer als die humanrelevanten In-vitro Methoden sind, ist zu vermuten, dass sehr viel Geld in Tierversuche investiert wird.

Beunruhigend ist auch der strategische COVID-19-Plan, der vom internationalen Fördernetzwerk GLOPID-R (Global Research Collaboration for Infectious Disease Preparedness), bei der auch das BMBF Fördermitglied ist, zusammen mit der Weltgesundheitsorganisation ausgearbeitet wurde (3). In diesem Plan werden diverse Tierversuche, vor allem solche mit Mäusen und Affen, vorgesehen und als Meilensteine beschrieben, die gefördert und unterstützt werden sollen.

Mit insgesamt bis zu 10 Mio. Euro fördert das BMBF Projekte aus der Grundlagenforschung – zusätzlich zu den 145 Mio. für CEPI. Im Förderaufruf werden u. a. die Punkte „Forschung zum Ursprung des Virus und zur Übertragung zwischen Tier und Mensch“, „Ansätze zur Prüfung der Übertragbarkeit existierender Tiermodelle auf Sars-CoV-2“ und „Entwicklung neuer klinisch relevanter Tiermodelle und menschlicher Zellmodelle (z. B. Lungeninfektionsmodell)“ aufgelistet, alle drei Punkte basieren auf Tierversuchen (4). Im Gegensatz dazu werden die menschenbasierten tierversuchsfreien Methoden mit Ausnahme der kurz erwähnten „menschlichen Zellmodelle“ nicht als Förderungspunkt aufgeführt. Wir haben das BMBF gefragt, wie genau die Aufteilung dieser Sonderfördermittel zwischen Projekten mit und ohne Tierversuche aussieht, aber unsere Anfrage wurde bis dato nicht beantwortet. Das ist ein Hinweis darauf, dass mehr Fördergelder für die Durchführung von grausamen und fruchtlosen Tierversuchen mit vielfältigsten Tierarten als für die Entwicklung von In-vitro-Hightech-Technologien mit menschlichem Gewebe investiert werden können.

150 Millionen investiert das BMBF in den Aufbau eines wissenschaftlichen Netzwerks aus deutschen Universitätskliniken. Obwohl der Schwerpunkt auf der klinischen Arbeit mit Patienten liegen soll, gibt es in der Meldung Hinweise darauf, dass dieses Geld teilweise auch der präklinischen Forschung einschließlich Tierversuchen zugerechnet wird (5).

Seit mehreren Jahren kritisiert Ärzte gegen Tierversuche die Tatsache, dass mehr als 99% der öffentlichen Fördermittel für biomedizinische Forschung den Tierversuchen und weniger als 1% der modernen menschenbasierten Forschung gewidmet werden (6). Trotz der finanziellen Unausgewogenheit lassen sich die Ergebnisse aus Tierversuchen wegen der großen Unterschiede zwischen den Spezies nicht auf den Menschen übertragen, während die Anzahl der Erfolge der menschenbasierten Forschung rasant steigt. Um schnelle und effektive Lösungen und Prozesse für diese und die nächsten Pandemien zu haben, ist eine Umwidmung der Fördergelder für die humanrelevanten, tierversuchsfreien Methoden dringend notwendig.Dr. rer. nat. Dilyana Filipova

Quellen

(1) Coronavirus: Was tut das BMBF? BMBF, 31.03.2020
(2) Antwort der Impfstoff-Initiative CEPI auf der Anfrage von Ärzte gegen Tierversuche e. V. von 16.04.2020
(3) A coordinated global research roadmap: 2019 novel coronavirus. GLOPID-R, März 2020. Aufgerufen am 23.04.2020
(4) Förderaufruf zur Erforschung von COVID-19 im Zuge des Ausbruchs von Sars-CoV-2. BMBF, 03.03.2020
(5) Karliczek: Wir fördern Nationales Netzwerk der Universitätsmedizin im Kampf gegen Covid-19. BMBF, 26.03.2020. Aufgerufen am 23.04.2020
(6) Übersicht über die finanzielle Förderung von Tierversuchen und tierversuchsfreier Forschung. Ärzte gegen Tierversuche, 27.04.2020 (PDF)