Heidelberger Tierexperimentatoren müssen Bußgeld zahlen
Ärzte gegen Tierversuche hatte die illegalen Tierversuche aufgedeckt
Tierexperimentatoren des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) in Heidelberg müssen Bußgelder zahlen, weil sie sechs Wochen lang Experimente an Mäusen ohne behördliche Genehmigung durchgeführt haben. Der bundesweite Verein Ärzte gegen Tierversuche hatte den Stein ins Rollen gebracht. Das Bußgeld in nur dreistelligem Euro-Bereich sei zwar zu niedrig und das eigentliche Vergehen, nämlich, dass Mäuse zu lange leiden mussten, wurde nicht geahndet, dennoch zeigt sich der Verein zufrieden.
Der Verein Ärzte gegen Tierversuche hatte in einem Fachartikel der Heidelberger Krebsforscher sogenannte Überlebenskurven von Mäusen entdeckt, die zeigen, dass Nacktmäuse nach 36 bis 50 Tagen qualvoll starben, nachdem ihnen menschliche Krebszellen eingepflanzt worden waren. Laut EU-Tierversuchsrichtlinie sind solche „schwerstbelastenden“ Tierversuche, bei denen Tiere erheblichen Leiden und Schmerzen ausgesetzt werden, die länger anhalten und nicht gelindert werden können, grundsätzlich verboten und müssen der EU angezeigt werden. Der Ärzteverein hatte sich im Sommer 2018 an die zuständige Genehmigungsbehörde, das Regierungspräsidium Karlsruhe, gewandt.
Hier stellte sich heraus, dass die Experimentatoren den Genehmigungszeitraum um sechs Wochen überschritten haben, das heißt, sechs Wochen lang Tierversuche an mindestens 76 Mäusen illegal durchgeführt haben. Außerdem waren nach Angaben des DKFZ 6 Mäuse 4 Tage zu spät getötet worden – was bedeutet, dass die Tiere 4 weitere Tage dem schweren Leid ausgesetzt waren. Ärzte gegen Tierversuche erstattete in Zusammenarbeit mit der Deutschen Juristischen Gesellschaft für Tierschutzrecht (DJGT) im Januar 2019 Strafanzeige gegen eine Forscherin wegen Verstoßes gegen das Tierschutzgesetz. Das Regierungspräsidium folgte mit einer Strafanzeige gegen zwei weitere Forscher. Im Juli 2019 stellte die Staatsanwaltschaft Heidelberg die Strafanzeige ein. In der Einstellungsbegründung wurde zugegeben, dass der Genehmigungszeitraum um 6 Wochen überschritten worden sei und nun waren es 8 Mäuse, die aus „organisatorisch-personellen Gründen“ 2 (nicht wie zuvor 4) Tage zu spät getötet worden waren. Die Verbände legten Beschwerde ein, da es sich aus ihrer Sicht eindeutig um einen Straftatbestand handelt, der geahndet werden muss.
Zeitgleich versuchte das DKFZ die Tierversuchsgegner mit einer Abmahnung einzuschüchtern. Für den 13. Juli 2019 hatte das PeTA zwei-Streetteam Heidelberg in Kooperation mit der AG Kurpfalz der Ärzte gegen Tierversuche eine Demo in Heidelberg geplant. Wegen einiger Formulierungen in der Demoankündigung ging das DKFZ mit einer Abmahnung gegen die Organisatoren vor. Ärzte gegen Tierversuche reagierte mit einer juristischen Schutzschrift. Die Demo fand statt. „Die Nerven der Experimentatoren lagen offensichtlich blank“, kommentiert Dr. med. vet. Corina Gericke, stellvertretende Vorsitzende von Ärzte gegen Tierversuche.
Im August stellte die Staatsanwaltschaft den Fall schließlich ein. Das Regierungspräsidium Karlsruhe leitete daraufhin ein Ordnungswidrigkeitsverfahren ein, das nun in den Bußgeldbescheiden an zwei Forscher mündete.
„Dass letztendlich nur der überschrittene Genehmigungszeitraum geahndet wurde und nicht das langanhaltende Leiden der Mäuse, ist enttäuschend“, so Tierärztin Gericke. „Vergehen gegen das Tierschutzgesetz im Bereich Tierversuche kommen extrem selten ans Licht und wenn, werden sie als Bagatelle abgetan. Insgesamt können wir aber zufrieden sein, dass die Experimentatoren zumindest einen Schuss vor den Bug bekommen haben.“
„Wir haben aktuell drei weitere Publikationen recherchiert, bei denen Verdacht auf schwerstbelastende Tierversuche besteht, die wir den Behörden zur Anzeige bringen werden“, kündigt Gericke an.