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Abstimmung im Bundesrat ernüchternd

In seiner Sitzung am 5. Juli 2024 stimmte der Bundesrat über Empfehlungen der zuständigen Ausschüsse ab, die darauf abzielten, partiell auch im Bereich Tierversuche Verbesserungen bei der Überarbeitung des Tierschutzgesetzes herbeizuführen. Der bundesweite Verein Ärzte gegen Tierversuche (ÄgT) begrüßt die Initiative des federführenden Ausschusses für Agrarpolitik und der beteiligten Ausschüsse für Kulturfragen und für Umwelt, kritisiert aber, dass in der Abstimmung nicht alle Vorschläge eine Mehrheit fanden.

„Besonders gravierend ist, dass das von den Ausschüssen empfohlene Verbot von Tierversuchen, die über eine Schmerz-Leidens-Obergrenze hinausgehen, keine Mehrheit fand“, kommentiert Dipl.-Biol. Silke Strittmatter von ÄgT. Dies wäre nach Ansicht von ÄgT nicht einmal eine anspruchsvolle Forderung gewesen, sondern würde schlicht die Intention der EU-Tierversuchsrichtlinie unter Berücksichtigung des Staatsziels Tierschutz umsetzen.

Hingegen sprach sich der Bundesrat erfreulicherweise grundsätzlich für den Wegfall der Ausnahmeregelung für die Anbindehaltung von Kühen bei Tierversuchen aus, was ÄgT auch in seiner Stellungnahme gefordert hatte. Zum Thema der sogenannten „Überschusstiere“* schlägt der Bundesrat eine Verknüpfung des Begriffs des „vernünftigen Grundes“ mit einer „Kaskadenregelung“ vor. Das bedeutet für Tiere, die trotz sorgfältiger Zuchtplanung sowie Zweitnutzungsprüfung keiner alternativen Verwendung zugeführt werden können, bleibt nur die „tierschutzgerechte“ Tötung, wenn die Kapazitäten einer Einrichtung zur Haltung und Pflege der Tiere erschöpft sind. Aus Sicht von ÄgT wäre hier jedoch ein klares Verbot der Tötung von überzähligen Tieren folgerichtig, da rein wirtschaftliche Gründe oder Kapazitätsmangel keinen vernünftigen Grund im Sinne des Tierschutzgesetzes darstellen dürften. Der Verein zieht Parallelen zu einem noch jungen Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart, das mit Verweis auf das Staatsziel Tierschutz die Tötung von „unerwünschten“ Tauben auf einem Firmengelände untersagte.

Erst kürzlich hatte ÄgT die auf Druck der Tierversuchslobby veranlassten Verschlechterungen in der Novelle des Tierschutzgesetzes gerügt. So ist hier unter anderem die Tötung von „Überschusstieren“ aus nur wirtschaftlichen Gründen mehr oder weniger legitimiert worden. ÄgT befürchtet, dass dies nun auch bei der aktuellen Anpassung der Tierversuchsverordnung festgeschrieben werden wird.

In mehreren E-Mail-Aktionen hatte sich der Verein an rund 800 Adressaten aus der Politik gewandt, darunter Bundestagsabgeordnete und Ministerien, mit der dringenden Bitte, die tierschutzwidrigen Regelungen rückgängig zu machen. „Bei den nun anstehenden weiteren Beratungen im Bundestag werden wir weiterhin alles daransetzen, im Tauziehen um das Tierschutzgesetz und der Tierversuchsverordnung das Maximale an Tierschutz herauszuholen“, so Strittmatter abschließend.

*Als „Überschusstiere“ werden Tiere bezeichnet, für die Experimentatoren keine Verwendung haben, weil sie nicht das gewünschte Geschlecht oder nicht die gewünschte Genveränderung haben oder aber zu alt sind. Solche Tiere werden getötet. Erst seit 2021 werden diese in der jährlichen Tierversuchsstatistik für Deutschland erfasst. 2022 waren es fast 1,8 Millionen Tiere, die mangels Verwendungszwecks „entsorgt“ wurden, wobei einer Auswertung von ÄgT zufolge sogenannte Überschusstiere nur „Pi mal Daumen“ gezählt, gar nicht gemeldet oder nur geschätzt werden, das tatsächliche Ausmaß also unklar ist.