Tierversuche an Rotkehlchen in Oldenburg
Ärzte gegen Tierversuche starten Online-Petition
In Oldenburg werden freilebende Rotkehlchen gefangen, um sie grausamen Experimenten auszusetzen, und dies seit mindestens 14 Jahren. In einem einzelnen Versuch mussten 92 Rotkehlchen leiden. In einem anderen Versuchsprojekt wurden 40 Rotkehlchen geköpft. Als „reine Neugierforschung“ kritisiert dies der bundesweite Verein Ärzte gegen Tierversuche in einer Stellungnahme und fordert mit einer Online-Petition den Stop der Experimente.
Um den Navigationssinn von Zugvögeln zu erforschen werden Rotkehlchen auf dem Campus der Universität Oldenburg wild gefangen und am Institut für Biologie und Umweltwissenschaften gehalten. Für die Versuche werden die Tiere mehrfach einzeln in einen kleinen Kasten gesetzt, der mit speziellem Papier ausgekleidet ist. Bei seinen vergeblichen Flugversuchen in die ihm angeborene Zugrichtung hinterlässt der Vogel Kratzspuren, die von den Experimentatoren ausgewertet werden. Dann werden die Vögel starken Magnetfeldern ausgesetzt, um ihren Navigationssinn zu stören und sie orientierungslos zu machen. In einem anderen Versuchsprojekt werden 40 Rotkehlchen geköpft, um ihre Augennetzhäute zu untersuchen.
„Allein das Einfangen und die Käfighaltung sind bereits mit erheblichem Stress und Angst für die scheuen Tiere verbunden“, erklärt Dr. med. vet. Corina Gericke, Vizevorsitzende des Vereins Ärzte gegen Tierversuche. „Sicher ist es interessant, herauszufinden wie Zugvögel navigieren und niemand hat etwas gegen Neugier als Triebfeder der Grundlagenforschung, solange keine Tiere dabei zu Schaden kommen“, sagt Tierärztin Gericke. Die Erforschung des Zugverhaltens von Vögeln ist ethisch vertretbar auch durch nicht-invasive Methoden möglich, etwa durch Freilandbeobachtungen.
Bereits 2007 hat der Verein gegen die Oldenburger Singvogel-Versuche mobil gemacht. Damals wie heute ist die Volkswagen-Stiftung ein maßgeblicher Sponsor. Erst vor wenigen Wochen kam es in Berlin zu massiven Protesten wegen geplanter Tierversuche an Nachtigallen, denen Elektroden in das Gehirn eingepflanzt werden sollen, vorgeblich, um autistischen Kindern zu helfen. „Eine solche Begründung ist natürlich nur vorgeschoben, um die Neugierforschung zu rechtfertigen“, so Gericke. In Oldenburg gibt es nicht einmal einen vorgeblichen medizinischen Grund. „Letztendlich geht es den Experimentatoren darum, Fachartikel zu veröffentlichen, was das Maß aller Dinge in der Wissenschaftswelt ist.“
Die genannten Versuche können in der Datenbank des Ärzteverein, www.datenbank-tierversuche.de, unter der jeweiligen Dokumenten-ID nachgelesen werden.
Um gegen die ihrer Meinung nach ethisch verwerflichen Tierversuche zu protestieren, hat Ärzte gegen Tierversuche eine Online-Petition gestartet unter www.rotkehlchen.aerzte-gegen-tierversuche.de
Quellen
(1) S. Schwarze et al: Weak broadband electromagnetic fields are more disruptive to magnetic compass orientation in a night-migratory songbird (Erithacus rubecula) than strong narrow band fields. Frontiers in Behavioral Neuroscience 2016: 10:55. Doi: 10.3389/fnbeh.2016.00055 (Dokumenten-ID: 4913 unter www.datenbank-tierversuche.de)
(2) P. Bolte et al.: Localisation of the putative magnetoreceptive protein cryptochrome 1b in the retinae of migratory birds and homing pigeons. PLoS One 2016: 11(3). Doi: 10.1371/journal.pone.0147819 (Dokumenten-ID: 4912 unter www.datenbank-tierversuche.de)
(3) A. Günther et al.: Double-cone localization and seasonal expression pattern suggest a role in magnetoreception for european robin cryptochrome 4. Current Biology 2018: 28(2); 211-223 (Dokumenten-ID: 4911 unter www.datenbank-tierversuche.de)